Ausbildung: Aus Vietnam nach Potsdam

15 junge Leute beginnen ihre Ausbildung im Kongresshotel

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Platz für viele Gäste und so einige Azubis: das Kongresshotel am Luftschiffhafen in Potsdam
Platz für viele Gäste und so einige Azubis: das Kongresshotel am Luftschiffhafen in Potsdam

Andrii Lipisivitskyi ist 2022 mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester aus der Ukraine geflohen und hat in Lübben im Spreewald weiter die Schule besucht. Währenddessen musste sein Vater fast drei Jahre als Soldat an der Front kämpfen, wurde fünfmal verwundet und ist nun aus dem Militärdienst entlassen. Für Andrii ist es nicht leicht, in einem fremden Land mit einer fremden Sprache eine Berufsausbildung zu beginnen. Er dachte sich, in der Gastronomie könnte das am besten funktionieren, hat Bewerbungen geschrieben und eine Zusage vom Kongresshotel Potsdam bekommen, das ihm auch ein Zimmer in Potsdam vermittelte. Montag war der erste Tag des 17-Jährigen im Hotel.

Sie sei die Hoteldirektorin, korrekter Titel »Director of operations – und für euch Katrin«, stellt sich Katrin Warg den neuen Auszubildenden am Montag vor. Die jungen Leute haben zuvor schon von Geschäftsführer Thomas Zabel erfahren, dass sich alle Kollegen im Haus untereinander duzen. Auch er selbst sei für sie einfach Thomas. Die Hotelgäste aber werden selbstverständlich gesiezt.

Das Kongresshotel Potsdam ist mit 250 Beschäftigten, 450 Zimmern und 40 Tagungsräumen das größte Hotel in Brandenburg. Es gehört dem Ostdeutschen Sparkassenverband. Im größten Saal, der 500 Personen fasst, haben schon etliche Landesparteitage der SPD stattgefunden und einige von CDU und Linke. Anfang Dezember segneten Delegierte der SPD hier den von Ministerpräsident Dietmar Woidke ausgehandelten Koalitionsvertrag mit dem BSW ab und Mitte Dezember nominierten Brandenburgs Sozialdemokraten im selben Saal den damaligen Kanzler Olaf Scholz (SPD) als ihren Spitzenkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl im Februar 2025.

Von dem Saal aus geht der Blick auf einen Bambusgarten, in dem das Hotel am Montag diverse Gruppenfotos mit den Auszubildenden aufnehmen lässt. 15 junge Leute fangen an, darunter drei, die ein duales Studium beginnen. Eine Georgierin wartet noch auf ihr Visum. Ein Landsmann von ihr, der bereits ein Praktikum in dem Hotel absolviert hatte, ist schon da. Auch Ukrainer und eine Kirgisin beginnen ihre Ausbildung in Potsdam. Den weitesten Weg hatte Hong Nhut Nguyen, der ein paar Monate in seiner Heimat Vietnam in einem Restaurant gearbeitet und dann acht Monate Deutsch gelernt hat. Nun ist der 20-Jährige hier – und nicht der einzige Vietnamese in der Belegschaft.

Von den drei jungen Leuten, die ein duales Studium im Hotelfach beginnen, sind zwei im Haus schon bekannt. Einer hat hier sein Praxisjahr für das Fachabitur absolviert und zunächst ein Jurastudium aufgenommen, dann aber herausgefunden, dass dies nichts für ihn sei. Eine Kollegin hat ihre Ausbildung im Hotel 2021 abgeschlossen und dann erst einmal auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet. Nun ist sie zurück und startet ihr duales Studium.

Die ersten zwei Tage im Hotel geht es ums Kennenlernen. Zum Ankommen gehört am Dienstag eine Stadtrundfahrt in Potsdam. Es gibt dann aber auch schon eine erste Unterweisung, beispielsweise zum Brandschutz. Am Mittwoch geht es dann richtig los in den verschiedenen Abteilungen. »Das ist eine ganz tolle Branche, die ihr euch ausgesucht habt. Kein Tag ist wie der andere«, motiviert eine Ausbilderin.

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