Pazifistische Zeitenwende

Patrick Lempges über das wachsende Interesse an Kriegsdienstverweigerung

Immer mehr Jugendliche politisieren sich an der Wehrpflicht-Debatte.
Immer mehr Jugendliche politisieren sich an der Wehrpflicht-Debatte.

Im Jahr 2022 rief der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) die »Zeitenwende« hin zu Aufrüstung und Militarisierung Deutschlands aus – eine Reaktion auf Russlands Invasion der Ukraine. Auf das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr folgte unter Merz ein 500-Milliarden-Infrastruktur-Sondervermögen samt Aufweichung der Schuldenbremse für Militärausgaben.

Was die Herren nicht bedacht haben: Viele Jugendliche wollen sich nicht mit Leib und Leben vor Vater Staat stellen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Ipsos zeigt: Zwölf- bis 18-Jährige sprechen sich mehrheitlich für einen frei wählbaren Pflichtdienst aus, aber nicht für den Wehrdienst. Parallel steigt das Interesse an Kriegsdienstverweigerung: Die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG/VK) verzeichnete im August mit etwa 55 000 Clicks gut 130 Prozent mehr Zugriffe auf ihre Webseite als noch im Mai mit 24 000 Clicks.

Das Thema hat das Potenzial für eine Zeitenwende in der Friedensbewegung, denn Krieg ist nicht länger eine abstrakte ferne Bedrohung, sondern könnte plötzlich persönliche Lebensrealität weißer europäischer Kids werden. Selbst die unpolitischsten Jugendlichen werden wohl ins Grübeln geraten, ob ein Schützengraben wirklich ein passender Ort für sie wäre. Die Allianz der Friedensbewegten aus Alt-Hippies, Antiimperialist*innen und christlichen Lokalgruppen wird wohl bald frisches Blut erhalten, denn jenseits der Konsole hat Gen Z einfach keinen Bock aufs Ballern.

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