Ausbidlung in Berlin: Arterhalt für Fachkräfte

Die Arbeitssenatorin feiert im Tierpark offiziell den Anfang des neuen Ausbildungsjahres

  • Hannah Blumberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Cansel Kiziltepe (SPD), Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung
Cansel Kiziltepe (SPD), Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung

»Da kommen die Stachelschweine und da vorne die Vögel«, erklärt ein kleiner Junge mit Eistüte im sachlichen Tonfall seiner Familie. Junge Menschen mit fachlichem Interesse sind im Tierpark Berlin immer gerne gesehen, deswegen findet die alljährliche Begrüßung im neuen Ausbildungsjahr am Mittwoch hier im Giraffengehege statt. Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) und Ramona Schröder, Geschäftsführerin der Agentur für Arbeit in Berlin und Brandenburg füttern gemeinsam mit den sechs neuen Auszubildenden des Betriebes die Giraffendame Paula mit Filinchen. »Sie haben gemerkt, wir hatten Schwierigkeiten, uns zum zweiten Teil, zu unseren Statements, zu überwinden«, sagt Kiziltepe.

Das liegt nicht nur am Charme der Paarhufer, sondern auch an der Ausbildungslage in Berlin, zu der sich die Politikerin äußert. Die duale Ausbildung sei für Berlin wichtig. »Die Zahlen dazu sind jedoch besorgniserregend«, so Kiziltepe. Die Zahlen der Arbeitsagentur hat Ramona Schröder: Auf knapp 8000 Bewerber*innen kommen in Berlin 4000 Stellen. Das sind 1000 Bewerber*innen mehr und 2000 Stellen weniger als noch 2024. Sollten bis Ende des Jahres nicht 2000 zusätzliche Ausbildungsverträge unterschrieben sein, leitet der Berliner Senat die Ausbildungsplatzumlage in die Wege.

Schröder ist trotzdem positiv gestimmt: »Wir haben noch viel im Angebot.« Bis November läuft die Nachbesetzungsaktion. Für einen sanfteren Blick auf besorgniserregende Zahlen warb Anfang der Woche auch die IHK Berlin. Als Kritik an der Ausbildungsplatzumlage bemerkte Geschäftsführerin Manja Schreiner (CDU), dass nicht alle Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet sind und auch die Zahl der Bewerber*innen kleiner sein könnte.

Warum dann das Zusammenführen von Azubi und Betrieb nicht besser funktioniert, erklärt Schröder mit einem Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Auch Manja Schreiner sprach von einer Ausbildungsunreife bei vielen Bewerber*innen. »Oft wird über junge Menschen gesagt: ›die kommen aus der Schule und sind eigentlich nicht ausbildungsfähig oder wollen nicht wirklich anpacken‹«, sagt die Senatorin dazu. Man müsse endlich wegkommen von der Sichtweise, junge Menschen seien ungeeignet und schlecht vorbereitet.

Das sehen auch die neuen Auszubildenden des Berliner Tierparks so, die an ihrem dritten Arbeitstag schon den ersten Pressetermin erleben. July (18) und Amy (17) haben sich seit ihrem Schulabschluss vor zwei Jahren bei bis zu 20 Stellen beworben, bevor es in Berlin geklappt hat. »Ist es nicht so, dass die Gen Z mehr arbeitet als zuvor?«, fragt Amy. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung bestätigt dies.

Amy und July sind beide aus Sachsen. July finanziert ihre Einzimmerwohnung zum Teil mit Unterstützung ihrer Eltern und der Berufsausbildungshilfe, auf deren Zusage sie noch wartet. Amy ist zunächst nach Eberswalde gezogen und pendelt. »Ich möchte auch sagen, dass bezahlbarer Wohnraum ein drängendes Problem ist«, sagt Kiziltepe. In Berlin prüfe man derzeit die Machbarkeit eines Azubiwerks, wie es in anderen Städten bereits vorhanden ist. »Wer Fachkräfte will, muss dafür sorgen, dass sie gut unterkommen.«

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