- Politik
- Friedland / Getötetes Mädchen
Tragischer Todesfall von Friedland instrumentalisiert
Hannover: CDU wirft Niedersachsens Regierung in Debatte über mutmaßliche Gewalttat eines Irakers Versagen vor
Muhammad A. ist seit Ende August in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Wäre er vor dem 11. August eingewiesen worden, hätte Liana K. noch leben können, meinen Kritiker. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Iraker, an jenem Tag im Bahnhof von Friedland bei Göttingen die 16-jährige Ukrainerin gegen einen durchfahrenden Güterzug gestoßen und so ihren Tod verursacht zu haben.
Haben Behörden in dem Fall versagt? Ja, meint Carina Hermann, parlamentarische Geschäftsführerin der CDU im niedersächsischen Landtag. Ihre Fraktion hatte eine Aktuelle Stunde zu dem Fall beantragt, die am Mittwoch stattfand. Hermann warf Landesinnenministerin Daniela Behrens (SPD) und den beteiligten Behörden Versagen vor. Denn Muhammad A. habe bereits »mehrfach die öffentliche Sicherheit und Ordnung massiv gestört«, weshalb er »unseren Schutz nicht verdient« habe. Hermann erneuerte die Forderung ihrer Partei nach elektronischen Fußfesseln für abgelehnte oder straffällige Asylbewerber sowie nach sogenannten Dublin-Zentren für Niedersachsen, die in »Rückführungszentren« weiterentwickelt werden müssten. Muhammad A. war seit März ausreisepflichtig und sollte eigentlich nach Litauen abgeschoben werden, das nach der Dublin-Verordnung der EU für sein Asylverfahren zuständig ist.
Alexander Saade (SPD) hielt der CDU entgegen, sie springe auf den Zug der Populisten auf, die den Fall instrumentalisieren. Weil ein Mensch mit erheblichen psychischen Problemen einen anderen getötet habe, müsse im Zusammenhang mit dem Fall von Friedland über die Behandlung psychisch Kranker diskutiert werden. Muhammad A. ist aufgrund einer bei ihm diagnostizierten paranoiden Schizophrenie »mindestens viermal in einer geschlossenen Einrichtung gewesen«. Wenn jemand aus einer solchen entlassen werde, erhalte weder Polizei noch sozialpsychiatrischer Dienst eine Information. Hier müsse man ansetzen, was bereits geschehe. So werde derzeit das niedersächsische Psychisch-Kranken-Gesetz reformiert. Unter anderem solle festgelegt werden, wer bei Entlassung bestimmter Personen benachrichtigt wird.
Behrens wies die Vorwürfe zurück: Alle Beteiligten hätten sachorientiert gehandelt, betonte sie. Es habe keine Hinweise gegeben, die es gerechtfertigt hätten, A. »präventiv aus dem Verkehr zu ziehen«. Noch am Abend vorher habe ein Arzt bescheinigt, dass von ihm keine Gefahr ausgehe. Was nicht funktioniere, sei das Dublin-System, das reformiert werden müsse.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.