Ostdeutschland: Karawane gegen Isolation und Abschiebung

Mit Demonstrationen vor Gefängnissen und Lagern macht »We’ll Come United« auf Grundrechtsverletzungen aufmerksam

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Abschiebehaftanstalt im thüringischen Arnstadt steht schon seit Längerem in der Kritik. Menschen, die keine Straftat begangen haben, werden dort festgehalten.
Die Abschiebehaftanstalt im thüringischen Arnstadt steht schon seit Längerem in der Kritik. Menschen, die keine Straftat begangen haben, werden dort festgehalten.

Zum Auftakt ihrer Karawane durch Ostdeutschland haben Aktivisten von »We’ll Come United« am Sonntag in Arnstadt gegen die Zustände in einer Thüringer Gemeinschaftsunterkunft sowie gegen die jüngst eröffnete Abschiebehaftanstalt des Bundeslands protestiert. Die Einrichtung war von der Landesregierung aus CDU, SPD und dem BSW – der sogenannten Brombeer-Koalition – beschlossen worden.

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich rund 250 Menschen vor dem Gefängnis, das seit einigen Wochen zur Unterbringung von Abschiebehäftlingen genutzt wird. Dort würden Menschen eingesperrt, obwohl sie keine Straftaten begangen hätten – lediglich um Behördenverfahren zu erleichtern, kritisierte Ronja Friese, Sprecherin der Karawane. »Das kann eigentlich nicht sein, weil auch Behörden zur Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind. Eine massive Grundrechtsverletzung wie Haft ist da überhaupt nicht angemessen«, so Friese.

Die Erfahrungen von Unterstützern zeigen laut Friese ein klares Bild: Etwa jede zweite Abschiebehaftanordnung werde später von Gerichten aufgehoben. Für die Betroffenen komme diese Entscheidung jedoch oft zu spät – denn viele seien zum Zeitpunkt der Feststellung bereits abgeschoben.

Vor diesem Hintergrund sei die neue Haftanstalt in Thüringen besonders problematisch. Dass die Karawane gerade hier starte, sei daher kein Zufall, sondern ein bewusst gesetztes Zeichen.

Die Brombeer-Koalition regiert Thüringen seit rund neun Monaten und hat sich im Koalitionsvertrag zu einer deutlich restriktiveren Migrationspolitik bekannt – im Gegensatz zur früheren rot-rot-grünen Landesregierung aus Linke, SPD und Grünen. Diese hatte bewusst auf eine eigene Abschiebehaftanstalt verzichtet und stattdessen Plätze in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) angemietet.

Bereits am Samstag hatten rund 200 Menschen im nahegelegenen Mühlhausen gegen die Zustände in der Gemeinschaftsunterkunft Obermehler demonstriert, die seit Jahren immer wieder in der Kritik steht. Geflüchtete dort berichten von Isolation und schwierigen Lebensbedingungen.

In den kommenden Tagen wird die Karawane unter anderem in Dresden, Leipzig und Eisenhüttenstadt Station machen. Das Ziel ist Berlin.

Ronja Friese betonte, die Aktion richte sich sowohl an die ostdeutsche Zivilgesellschaft als auch an die Menschen in den Haftanstalten selbst. Man wolle daran erinnern, »unter welchen oft menschenunwürdigen Bedingungen Geflüchtete in Abschiebehaft oder Gemeinschaftsunterkünften leben müssen«. Gleichzeitig wolle man den Inhaftierten zeigen, »dass es Menschen gibt, die sie nicht vergessen haben – und die die bestehenden Zustände deutlich kritisieren«.

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