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AfD muss Bundeszentrale in Berlin räumen, aber nicht sofort
Nach nicht genehmigter Wahlparty greift ein Sonderkündigungsrecht des Vermieters
Die AfD muss ihre Bundeszentrale am Eichhorster Weg im Berliner Bezirk Reinickendorf räumen, aber nicht sofort, sondern gestaffelt bis Ende 2026: die ersten Büros bis zum 30. September 2026, einen Veranstaltungsraum bis zum 30. November, die übrigen Büros bis zum 31. Dezember 2026. Die jeweils dazu angemieteten Stellplätze in der Tiefgarage darf sie dann auch nicht mehr nutzen. Insgesamt muss die AfD knapp 2432 Quadratmeter frei machen.
Dieses Urteil des Landgerichts Berlin verkündete Richter Burkhard Niebisch am Freitagmorgen. Das Ansinnen des Vermieters, der Quercus Grund GmbH, die AfD müsse sofort ihre Sachen packen, wies Niebisch ab. Auch erlegte er der GmbH sämtliche Kosten des Verfahrens auf. Normalerweise wären die drei verschiedenen Mietverträge für die AfD-Bundeszentrale noch ein Jahr länger gelaufen und enthielten auch eine Option auf eine Verlängerung. Doch beginnend mit Ende September 2026 hat die Quercus Grund GmbH Sonderkündigungsrechte – und diese greifen nun.
Die AfD hatte keinen anderen Ort dafür gefunden und am Abend des 23. Februar 2025 ihr Abschneiden bei der Bundestagswahl kurzerhand auf dem Innenhof gefeiert, außerdem das Gebäude blau angestrahlt, ohne dafür die Genehmigung des Vermieters einzuholen. Dass dies eine klare Verletzung der Regelungen in den Mietverträgen war, steht für Richter Niebisch fest. Seiner Urteilsbegründung zufolge hätte jedoch zuvor eine Abmahnung erfolgen müssen. Wenn die AfD danach wieder ähnlich gehandelt hätte, so wäre die außerordentliche fristlose Kündigung rechtens, so aber nicht. Im Ausnahmefall wäre eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung in Ordnung. Doch die schwerwiegenden Gründe dafür liegen laut Richter Niebisch nicht vor.
»Ein großer Tag für den Rechtsstaat und für meine Partei.«
Kay Gottschalk AfD-Bundesvize
Lukas Hufnagl, Geschäftsführer der Quercus Grund GmbH, hatte bei der Verhandlung vor einer Woche versichert, mit der AfD grundsätzlich kein Problem zu haben. Doch er habe sich immer mit dem Schatzmeister und dem Bundesgeschäftsführer auseinandersetzen müssen. Man habe Schmiergeldzahlungen von ihm erpressen wollen und ihm gedroht, die Räume notfalls einfach besetzt zu halten. Die AfD habe wohl geglaubt, er sitze in Wien und bekomme von der Wahlparty nichts mit. Hufnagl konnte aber im Fernsehen zuschauen, wo die AfD feierte.
Zur Urteilsverkündung am Freitag reiste Hufnagl nicht wieder an. Für die AfD erschien erneut der stellvertretende Bundesvorsitzende Kay Gottschalk. Der erklärte nach der Urteilsverkündung, es sei »ein großer Tag für den Rechtsstaat und für meine Partei«. Dass die Bundeszentrale zwischen September und Dezember 2026 werde ausziehen müssen, sei der AfD vorher klar gewesen. Insofern sehe er die Gerichtsentscheidung »gelassen«, erklärte Gottschalk. Die Suche nach geeigneten Ersatzobjekten laufe bereits. Am besten sollte die neue AfD-Zentrale etwas näher zum »Reichstag« in der Mitte Berlins unterkommen, erläuterte Gottschalk. Der bisherige Standort liegt rund zwölf Kilometer vom Bundestag entfernt in einem Berliner Randbezirk.
Wenn die Wahlparty im Innenhof eine Vertragsverletzung gewesen sei, »entschuldige ich mich dafür«, sagte Gottschalk. Dass die AfD einfach im Innenhof des Eichhorster Wegs feierte, liege daran, dass sich Gastronomen und Hoteliers oft nicht mehr trauen würden, der AfD Räume zu überlassen. Gottschalk forderte politische Gegner auf, die AfD mit Argumenten zu bekämpfen und nicht mit Drohungen gegenüber möglichen Vermietern.
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