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- Anschlag auf Synagoge in Manchester
Angriff auf Synagoge verschärft Antisemitismus-Debatte
Die Attacke in Manchester fand am höchsten jüdischen Feiertag statt. Zwei Menschen wurden getötet.
Der Terroranschlag auf eine Synagoge in Manchester mit zwei Toten und mehreren Verletzten hat die Debatte über die Sicherheit von Juden in Europa erneut angefacht. Großbritanniens Premierminister Keir Starmer, der den Ort des Geschehens am Tag nach dem Angriff mit seiner jüdischen Ehefrau Victoria besuchte, warnte: »Wir müssen es klar benennen, es ist ein Hass, der wieder aufflammt, und Großbritannien muss ihn erneut besiegen«.
Bei dem Anschlag am Donnerstag, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, sind zwei Menschen getötet und mehrere schwer verletzt worden. Der Angreifer hatte nach Angaben der Polizei vor der Synagoge ein Auto auf Menschen gesteuert und dann mit einem Messer zugestochen. Er soll zudem versucht haben, in das Gebäude zu gelangen. Er wurde von der Polizei erschossen. Bei den Getöteten handelt es sich um Mitglieder der jüdischen Gemeinde, zwei Männer im Alter von 53 und 66 Jahren.
Nach und nach kamen weitere, teils tragische Details zum Vorschein. So wurde eines der beiden Todesopfer wohl von der Kugel aus einer Polizeiwaffe getroffen. Der Angreifer habe keine Schusswaffe gehabt, teilte die Greater Manchester Police mit. Daher werde davon ausgegangen, dass die Verletzung eine tragische und unbeabsichtigte Folge des Polizeieinsatzes gewesen sei. Auch einer der Verletzten, die im Krankenhaus behandelt werden, habe eine Schusswunde, die aber nicht lebensgefährlich sei, hieß es weiter. Beide sollen sich während des Terrorangriffs hinter der Tür der Synagoge verschanzt haben.
Bei dem Angreifer handelte es sich den Polizeiangaben zufolge um einen 35 Jahre alten britischen Staatsbürger syrischer Abstammung. Zudem seien zwei Männer im Alter zwischen 30 und 40 Jahren sowie eine Frau zwischen 60 und 70 Jahren im Zusammenhang mit der Tat festgenommen worden, so die Polizei weiter.
Der Angriff rief Erinnerungen an den Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle (Saale) wach. Dort hatte an Jom Kippur 2019 ein Rechtsextremist versucht, in die dortige Synagoge einzudringen, um ein Massaker anzurichten. Als dies misslang, ermordete er zwei unbeteiligte Menschen.
Israelischer Außenminister kritisiert britische Behörden
Einige israelische Politiker äußerten Kritik an London. Der israelische Staatspräsident Izchak Herzog sagte, in Großbritannien und weiteren Ländern hätten »Fälle von gewalttätigem Antisemitismus ein beispielloses Ausmaß erreicht«. Er legte einen Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg nahe – und betonte: »Die freie Welt kann und darf nicht zulassen, dass der Konflikt zu einem politischen Instrument gegen das jüdische Volk wird.« Den Opfern sprach er sein Beileid aus.
Auch der israelische Außenminister Gideon Saar sieht die jüdische Gemeinde in Großbritannien derzeit einem hohen Maß an Antisemitismus ausgesetzt. Britische Behörden hätten dem nichts entgegengesetzt, sagte er. Israel erwarte von der Regierung »einen Kurswechsel« und »eine konsequente Bekämpfung der grassierenden antisemitischen und antiisraelischen Hetze in Großbritannien«.
Scotland Yard fordert Absage propalästinensischer Demo
Der britische Premier hatte jüdischen Einrichtungen im Land erhöhten Polizeischutz zugesagt. Um das leisten zu können, forderte Scotland Yard die Veranstalter einer propalästinensischen Demonstration in London zur Verschiebung oder Absage ihrer Kundgebung am Samstag auf.
Die Proteste der Initiative »Defend Our Juries«, die sich gegen das Verbot der Gruppe Palestine Action richten, erforderten erhebliche Ressourcen, hieß es in einer Mitteilung. Das zwinge die Polizei, Kräfte aus anderen Teilen des Landes nach London zu berufen, die dann nicht zur Verbrechensbekämpfung zur Verfügung stünden.
Mehr als 1500 Menschen wollen am Samstag am Londoner Trafalgar Square gegen die Einstufung der Gruppe Palestine Action als Terrororganisation demonstrieren. Öffentliche Äußerungen zugunsten der Gruppe werden jedoch als Terrorunterstützung gewertet, gegen die strikt vorgegangen wird.
In den vergangenen Wochen wurden bereits Hunderte Menschen bei ähnlichen Protesten festgenommen. Oft handelte es sich dabei um harmlose Demonstranten, teils Rentner und Menschen mit Behinderung.
Die Veranstalter der Demo lehnten eine Absage ab. Die Polizei solle sie einfach nicht festnehmen und sich um »echten Terrorismus« kümmern, hieß es in einem Post auf der Plattform X. Innenministerin Shabana Mahmood kritisierte die Entscheidung, den Protest nicht abzusagen.
Palestine Action war Anfang Juli als terroristisch eingestuft worden, nachdem Aktivisten auf einen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen waren und Flugzeuge der Royal Air Force mit Farbe besprüht hatten. dpa/nd
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