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Apple und Google kapitulieren vor Trump
Warn-Apps gegen brutale Abschiebebehörde verschwinden
Wer in den USA als Migrant*in ohne gültige Papiere lebt, konnte sich bislang mit speziellen Smartphone-Apps vor drohenden Festnahmen schützen. Die Anwendungen »ICEBlock« und »Red Dot« ermöglichten es, Sichtungen von Beamt*innen der Einwanderungs- und Zollbehörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) anonym zu melden und möglicherweise betroffene Menschen in der Umgebung zu warnen. Nun haben beide Tech-Giganten die Apps entfernt – Apple nach Selbstauskunft unter Druck der Regierung in Washington, Google angeblich aus eigenen Stücken.
Die bekannteste dieser Apps war »ICEBlock« mit dem Logo eines schmelzenden Eiswürfels. Allein in diesem Jahr wurde sie über eine Million Mal heruntergeladen. Als offizielle Begründung für seine Entscheidung nannte Apple Sicherheitserwägungen. »Basierend auf Informationen, die wir von den Justizbehörden zu den Risiken durch ICEBlock erhalten haben, entfernen wir diese und andere Apps«, hieß es vom Konzern.
Das US-Justizministerium hatte zuvor erklärt, die App bringe ICE-Beamt*innen in Gefahr. Die Heimatschutzministerin Kristi Noem bezeichnete »ICEBlock« als Form der Justizbehinderung, die nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit des ersten Verfassungszusatzes falle. Auch die Generalstaatsanwältin Pam Bondi will den Schritt nach eigenen Angaben gefordert haben.
Gegen den Entwickler der App, Joshua Aaron, erwägt das US-Justizministerium nun Ermittlungen. Aaron hatte im Juli gegenüber dem Sender NBC gesagt: »Als ich gesehen habe, was in diesem Land passiert, wollte ich helfen, dagegen anzukämpfen. Ich habe gelernt, was in Nazideutschland passiert ist, und die Parallelen zu den aktuellen Vorgängen in diesem Land sind nicht zu übersehen.«
Kurz nach Apple zog auch Google nach und entfernte die ähnlich funktionierende App »Red Dot« aus dem Play Store. Sie sammelte allerdings Informationen nicht nur über anonyme Meldungen anderer Nutzer*innen, sondern aus verlässlichen öffentlichen Quellen. Gegenüber dem Medienportal 404 Media erklärte Google, man habe keinen Druck vom Justizministerium erhalten.
Stattdessen verwies der Konzern auf seine Richtlinien: ICE-Beamt*innen seien eine »vulnerable Gruppe«, die kürzlich von einem Gewaltakt betroffen gewesen sei, der mit solchen Apps in Verbindung stehe. Google bezog sich damit auf einen Angriff auf eine ICE-Einrichtung im September, bei dem ein Häftling getötet und zwei weitere verletzt wurden. Beamt*innen kamen nicht zu Schaden. Der mutmaßliche Täter soll auf seinem Handy nach verschiedenen Tracking-Apps gesucht haben.
Kritiker*innen werfen den Tech-Konzernen vor, mit den Löschungen aus App- und Play Store vor der Trump-Administration einzuknicken. Unter dem zum zweiten Mal amtierenden Präsidenten und seiner brutalen Abschiebepolitik finden bundesweit nahezu täglich ICE-Razzien statt. Mit der Entfernung der Warn-Apps dürfte dieses Vorgehen deutlich erleichtert werden – und die Gefahr für Migrant*innen ohne Papiere steigen.
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