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Lateinamerika als Spielball der imperialistischen Machtzentren

Christian Klemm über Trumps Krieg gegen die südamerikanischen Drogenkartelle

Kampfflugzeuge über der Roosevelt Roads Naval Stationin Puerto Rico: Die Karibik wird immer mehr zum Aufmarschgebiet der USA.
Kampfflugzeuge über der Roosevelt Roads Naval Stationin Puerto Rico: Die Karibik wird immer mehr zum Aufmarschgebiet der USA.

US-Präsident Donald Trump gibt derzeit den Friedensegel. Erst das Engagement im Ukraine-Krieg, und jetzt sein Friedensplan für den Nahen Osten. Das ist nicht viel mehr als Augenwischerei. Denn gleichzeitig forciert Trump eine Auseinandersetzung an einer Flanke, die zuletzt etwas in Vergessenheit geraten ist: die Karibik. Erst vor wenigen Tagen hat er erklärt, die USA befänden sich mit den südamerikanischen Drogenkartellen in einem »bewaffneten Konflikt«. Bisher sollen US-Streitkräfte mehrere Boote vor der Küste Venezuelas versenkt haben; Agenturmeldungen sprechen von mindestens 14 Toten.

Für den Milliardär im Weißen Haus sind seine politischen Gegner Kombattanten in einem Krieg, der sich in seinem verdrehten Hirn abspielt. Und so geht er auch mit ihnen um. Menschlichkeit und Empathie sind für diesen Mann ein Fremdwort. Wer sich die Ereignisse in der Karibik ansieht, sollte das wissen. In Wahrheit geht es Trump nämlich nicht um die Drogenopfer im eigenen Land. Die werden ohnehin von US-Ärzten mit reichlich Stoff versorgt. Ganze Landstriche sind so von der Opioid-Krise heimgesucht worden. Tatsächlich geht es in der Auseinandersetzung im karibischen Meer um die Frage: Wer hat in Lateinamerika das Sagen?

Christian Klemm
Christian Klemm

Christian Klemm arbeitet seit 2007 beim »nd«. Er ist jetzt Leiter des Online-Ressorts.

Diese Frage hatte seit Verkündung der sogenannten Monroe-Doktrin vor mehr als 200 Jahren nur eine Antwort: die USA. Mit der Doktrin beanspruchte Washington den amerikanischen Kontinent als eigene Einflusssphäre. Jede Einmischung – damals vor allem aus Europa – galt als feindseliger Akt gegenüber den USA. Heute ist nicht mehr der »alte Kontinent« der wichtigste Konkurrent für Washington in der Region; es sind Russland und China. Diesen beiden Staaten hält Trump nun das Stoppschild hin, Motto: »Ihr könnt hier nicht machen, was ihr wollt.«

Vor allem China hat sich in den vergangenen Jahren auf dem Subkontinent festgebissen. Für Peking dienen die Länder erstens als Lebensmittel- und Rohstofflieferant. Und zweitens sind sie ein wichtiger Absatzmarkt für chinesische Produkte; nicht nur für billiges Spielzeug, sondern ebenso für die Automobilindustrie der Volksrepublik. Bei meinem Nicaragua-Besuch im Sommer war ein befreundeter Zahnarzt – auf chinesische Fahrzeuge angesprochen – völlig aus dem Häuschen.

Ein Projekt macht die Ambitionen Chinas in Lateinamerika besonders deutlich: der Hafen Chancay in der Nähe der peruanischen Hauptstadt Lima, der vergangenen November eröffnet wurde. Die Anlage ist 100 Fußballfelder groß; fast vollautomatisch können hier die größten Containerschiffe der Welt mit einer Kapazität von bis zu 24 000 Containern abgefertigt werden. Die Überfahrt nach China dauert nur noch 25 Tage – zehn Tage schneller als früher. Insgesamt hat Peking von 2005 bis 2024 mehr als 162 Milliarden US-Dollar Direktinvestitionen in Südamerika getätigt.

Die USA haben schon jetzt die Vormachtstellung in Lateinamerika eingebüßt. Doch ob Peking oder Washington dort den Ton angeben, ist egal. Denn für beide ist die Region nur ein Mittel zum Zweck, um die eigenen Ambitionen als Weltmacht Wirklichkeit werden zu lassen. Lateinamerika ist nach wie vor ein Spielball der imperialistischen Machtzentren. Und das ist die eigentliche Tragödie, die sich gerade in der Karibik abspielt.

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