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Die Talsperre Spremberg – eine technische Pionierleistung
Spezialbauwerk mit großer Bedeutung für Berlin feiert seinen 60. Geburtstag
Sprudelnd und schäumend schießt das Wasser aus dem Ablassbauwerk der Talsperre Spremberg. Doch ein kleines Stück flussabwärts fließt die Spree schon wieder gemächlich dahin. Nur ein leichter Nieselregel kräuselt dort am Mittwochmittag noch ihre Oberfläche. Durch fünf regulierbare Röhren mit einem Durchmesser von jeweils 1,80 Meter können bis zu 90 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus dem Stausee abgelassen werden. Dabei wird mit einer Turbine Strom erzeugt. Im Fall eines Hochwassers können noch zwei 15 Meter breite Klappen geöffnet werden. Dann können an die 200 Kubikmeter Wasser pro Sekunde abgeführt werden.
Seit 60 Jahren ist das so. Am 8. Oktober 1965 wurde die Talsperre in Betrieb genommen – und das Jubiläum wird am Mittwoch mit geladenen Gästen gefeiert. Als der Bau der Talsperre 1958 begann, war Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos) erst zwei Jahre alt. Da habe sie das natürlich noch nicht interessiert, erzählt sie. Aber Herntier erinnert sich, wie in ihrer Familie und in der Schule darüber gesprochen wurde, als das große Bauwerk 1965 vollendet war. Das sei ein »großes Ereignis« gewesen.
Es stellte eine technische Meisterleistung dar. »Hier ist echte Pionierarbeit geleistet worden«, schwärmt Dirk Ilgenstein, Präsident des Landesumweltamts. Denn der Untergrund bestand bis in eine Tiefe von 40 bis 50 Metern aus wasserdurchlässigem Sand. Der 3,7 Kilometer lange Staudamm riegelt ein 49 000 Quadratmeter großes, in der Eiszeit entstandenes Tal ab. Der Damm musste so aus Erde aufgeschüttelt werden, dass er vom Grundwasser nicht weggespült werden kann. Der Boden wurde dazu mit Bindemitteln in einem extra weiterentwickelten Injektionsverfahren bis in 20 Meter Tiefe verfestigt. Die von den Ingenieuren gefundene Lösung war wegweisend für den Bau von Talsperren. Nicht umsonst ist die Spremberger Talsperre die einzige Talsperre Brandenburgs, die in einem Weltverzeichnes dieser Spezialbauwerke gelistet ist.
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Gebaut wurde sie urspünglich vor allem dazu, die Braunkohlekraftwerke Lübbenau und Vetschau mit Wasser zu versehen und so die Stromversorgung der DDR zu sichern. Daneben sollte der Fluss reguliert werden, der zuvor immer wieder über die Ufer getreten war und die Ernten der Bauern im Spreewald vernichtet hatte. Beide Kraftwerke wurden 1996 abgeschaltet. Die Talsperre bleibt aber wichtig. Sie diene im Grunde auch als »Flusskläranlage«, formuliert Abteilungsleiterin Anke Herrmann vom brandenburgischen Umweltministerium ganz vorsichtig. Denn die Talsperre hält den Ockerschlamm zurück, der als Spätfolge der Braunkohletagebaue Gewässer in der Lausitz braun verfärbt.
Bürgermeisterin Herntier gibt zu, sie sei ein wenig neidisch, wie sauber die Spree flussabwärts in Cottbus sei. Sie betont: »Ich würde in Spremberg nie das Wort Flusskläranlage verwenden. Denn da sind die Leute auf der Barrikade.« Ein Wasserreservoir sei der Stausee und solle es sein. Es gibt Badestrände und zwei Campingplätze, es wird auf dem Stausee auch gesegelt.
Zur Funktion als Naherholungsgebiet kommt eine Aufgabe für das ferne Berlin. »Die Hauptstadt entwickelt sich. Wir brauchen mehr Wasser«, weiß Abteilungsleiterin Herrmann. Gleichzeitig wird mit dem Kohleausstieg bis zum Jahr 2038 immer weniger Grundwasser aus den Tagebauen abgepumpt und in die Spree eingeleitet. Dazu kommen trockene Sommer. Das sei die »größte Herausforderung«, ist Herrmann bewusst. Die Talsperre mit ihren aktuell sieben Beschäftigten wird dabei eine Rolle spielen. Schon länger läuft ihre schrittweise Generalsanierung.
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