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Häusliche Energiewende ohne Parteigrenzen
Umfrage zeigt politisch recht einheitliches Bild bei der Anschaffung von Solaranlagen
Wer mit offenen Augen durch Deutschland fährt, gerade durch den Osten, fühlte die Wahrheit schon lange. Besonders auf dem Land schmücken so viele Photovoltaikanlagen die Dächer von Eigenheimen, dass diese Ausstattung unmöglich von parteipolitischen Präferenzen abhängig sein kann. Tatsächlich finden sich in den jüngsten Wahlprogrammen von ansonsten energiewende-ablehnenden Parteien wie AfD oder BSW keine bösen Worte gegen solare Dachanlagen. Kritisches liest man nur zu Freiflächenanlagen und Agro-Photovoltaik.
Eigener Strom vom eigenen Dach erfreut sich allgemeiner Beliebtheit, wie auch eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Initiative Klimaneutrales Deutschland bestätigt. Im vergangenen August waren dazu mehr als 2000 selbstnutzende Hauseigentümer repräsentativ befragt worden. Deutlich über ein Drittel hat sich danach bereits eine Solarstromanlage angeschafft. Mehr als ein weiteres Viertel plant dies für die nächsten fünf Jahre, ergab die Umfrage weiter.
Dieser bundesweite Schnitt deckt sich laut Umfrage ziemlich gut mit denen der Wähler und Wählerinnen einzelner Parteien. So verfügen 65 Prozent der hausbesitzenden CDU/CSU-Wähler über Photovoltaik oder wollen sich eine solche Anlage anschaffen. Bei den Hausbesitzern, die SPD oder FDP wählen, sind es jeweils 63, bei Linke-Wählern 67 Prozent. Verglichen damit fallen Hausbesitzer, die der AfD oder dem BSW ihre Stimme geben, mit einem Pro-Photovoltaik-Anteil von 59 beziehungsweise 52 Prozent nur wenig ab. Mit 77 Prozent liegen erwartungsgemäß die Wählerinnen und Wähler der Grünen vornan.
Dass Nutzung und Anschaffungspläne wenig mit politischen Überzeugungen zusammenhängen, hält auch Allensbach-Projektleiter Steffen de Sombre für bemerkenswert. Das betreffe nicht nur Solaranlagen; auch fast jede dritte befragte Person mit AfD-Präferenz besitze ein E-Auto oder plane dessen Anschaffung. Auch diese Leute seien in der Mehrheit für klimafreundliche Technologien.
Allerdings stehe der Klimaschutz – ebenfalls unabhängig von der Parteipräferenz – bei der Motivlage der Hausbesitzer nicht immer im Vordergrund, betont der Demoskop zugleich. Für die Anschaffung etwa einer Wärmepumpe würden häufiger finanzielle Gründe ins Feld geführt, wie die Senkung der Heizkosten, der steigende Wert der eigenen Immobilie oder langfristige Rentabilität der Investition in die moderne Heizungsart.
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Diese Verschiebung – weg von »ideologischen«, hin zu finanziellen und praktischen Erwägungen – betrifft laut de Sombre auch die Anschaffung eines Elektroautos. Wichtiger sei, dass Steuern und Versicherung günstiger seien, die Reichweite zugenommen habe und die Ladeinfrastruktur besser geworden sei.
Die Allensbach-Umfrage bestätigt auch einen anderen, schon länger zu beobachtenden Trend: Der eigene Solarstrom dient den Hauseignern als eine Art Startschuss – Photovoltaikanlagen seien der »Innovationsmotor im Eigenheim«, so wird es in der Umfrage beschrieben. So steigert das Vorhandensein einer PV-Anlage die Bereitschaft, sich einen Batteriespeicher zuzulegen, von 4 auf 80 Prozent der befragten Haushalte. Auch der Wille, sich eine Wärmepumpe, einen digitalen Stromzähler, eine Wallbox oder ein E-Auto anzuschaffen, verstärkt sich im Schnitt um das Dreifache, sofern eigene Photovoltaik vorhanden oder deren Anschaffung geplant ist.
Ohne private Photovoltaikanlagen wird Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen können, schlussfolgert entsprechend Carolin Friedemann, Gründerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland. Die Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer bräuchten deswegen Klarheit von der Regierung, welche Investitionsentscheidungen sich lohnen.
Weil eine Investition in Photovoltaik weitere nach sich zieht, verlangt der Verband Wohneigentum anlässlich der Allensbach-Umfrage, die Einspeisevergütung für Solarstrom beizubehalten, und lehnt die von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) geplante Streichung ab. Oder wie es Bundesgeschäftsführerin Verena Örenbas ausdrückt: Wenn man es den Menschen erleichtert, etwas zu tun, dann sei auch die Chance größer, dass sie es tun.
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