Register für trans Personen: Zeit für einen Rückzieher

Anton Benz über die vorerst gescheiterte Verordnung zur Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes

Dass der Bundesrat nicht über die Verordnung zum Selbstbestimmungsgesetz abgestimmt hat, ist ein Grund zum Feiern für die queere Bewegung. Aber: Vertagt ist nicht verhindert!
Dass der Bundesrat nicht über die Verordnung zum Selbstbestimmungsgesetz abgestimmt hat, ist ein Grund zum Feiern für die queere Bewegung. Aber: Vertagt ist nicht verhindert!

Die Entscheidung, die umstrittene »Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen« am Freitag von der Tagesordnung des Bundesrats zu streichen, ist ein Erfolg für die queere Bewegung. Es zeigt, dass ihre Kritik inzwischen auch in Landesregierungen Unterstützung findet. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) sollte das als Warnsignal verstehen und endlich einsehen, dass sein Ministerium mit der Verordnung einen groben Fehler gemacht hat.

Anstatt wie bisher nach einer Änderung von Namen und Geschlechtseintrag einen neuen Eintrag im Melderegister anzulegen und den alten zu sperren, sollen künftig neue Datenblätter eingeführt werden. Diese würden auf den ersten Blick erkennen lassen, ob eine Person trans, inter oder nichtbinär ist. Zudem sollen Änderungen teils automatisch an andere Behörden weitergegeben werden: Bei jedem Umzug würde die Meldestelle über den alten Namen und Geschlechtseintrag informiert.

Logisch, dass ein solcher Eingriff in die Privatsphäre gut begründet sein muss. Hinzu kommt: Die Maßnahme ist nicht einmal notwendig. Änderungen des Geschlechtseintrags sind seit Jahrzehnten möglich, ohne dass es nennenswerte Probleme gab.

Das Bundesinnenministerium (BMI) argumentiert vor allem mit Bürokratieabbau: Durch das neue Selbstbestimmungsgesetz werde es mehr Änderungen geben, daher brauche es ein effizienteres Verfahren. Angesichts der Risiken – von Zwangsoutings bis hin zu potenzieller Diskriminierung oder gezielter Verfolgung – wirkt solch ein Hinweis auf Zeitersparnis zynisch.

Queere Verbände haben das BMI mehrfach auf die Gefahren hingewiesen und datenschutzfreundlichere Alternativen vorgeschlagen. Doch das Ministerium zeigte bislang kein Interesse, die Vorschläge ernsthaft zu prüfen.

Jetzt ist der Zeitpunkt, das zu ändern: Die Vorlage braucht eine grundlegende Überarbeitung – in enger Abstimmung mit den Verbänden. Noch ist sie nur vertagt, nicht verhindert. Der Druck aus der Zivilgesellschaft bleibt entscheidend, damit die Grundrechte nicht zugunsten von Arbeitsersparnis geopfert werden.

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