Klimapakt für Schifffahrt gescheitert: Kein Fahrplan mit Trump

Hermannus Pfeiffer über die verpasste Chance der Schifffahrtsbranche, als erste Industrie weltweit einheitliche Klimaregeln zu schaffen

Vorerst gescheitert: Ein Kraftstoffstandard sollte (Alp-)Traumschiffe und Containerriesen zu einem klimaneutralen Betrieb zwingen
Vorerst gescheitert: Ein Kraftstoffstandard sollte (Alp-)Traumschiffe und Containerriesen zu einem klimaneutralen Betrieb zwingen

Der Begriff »historisch« wird häufig für belanglose Geschichten verwandt. In diesem Fall wäre er angebracht gewesen: Die allermeisten Mitgliedsstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO wollten sich in London eigentlich auf einheitliche Regeln zur Dekarbonisierung verständigen, die weltweit gelten sollen. Die Schifffahrt wäre damit die erste Industrie, für die globale Standards beim Klimaschutz existieren. Alles schien dafür auf Kurs zu liegen. Doch dann kam am Freitag die überraschende wie schockierende Nachricht: Die Branche wendet in Richtung Klimakrise. Trump sei »Dank«.

Schiffe transportieren mehr als 90 Prozent aller Waren im interkontinentalen Handel. Dadurch ist die maritime Wirtschaft für zwei bis drei Prozent des weltweiten CO₂-Ausstoßes verantwortlich – und bläst damit mehr Kohlenstoffdioxid in die Luft als Deutschland. Doch bei den Umweltauflagen stößt die Schifffahrt auf einen Dschungel aus kontinentalen, nationalen und lokalen Regeln und teilweise auf rücksichtslose Regellosigkeit.

Dabei sind die Klima-Ziele der globalisierten Branche eigentlich vergleichsweise ehrgeizig. Als erste Industrie hat sich die maritime Wirtschaft international ein Netto-Null-Ziel gesteckt. Es soll bis 2050 erreicht werden. Zusammen mit den Zwischenetappen für 2030 und 2040 hat die IMO vor zwei Jahren einen schiffbaren Reduktionspfad eingeschlagen.

Am Freitag sollte nun der IMO-Umweltausschuss konkrete Maßnahmen beschließen. Vorgesehen waren ein Kraftstoffstandard, der Containerriesen und (Alp-)Traumschiffe etappenweise zu einem klimaneutralen Betrieb zwingt, sowie die Einführung von Emissionszertifikaten.

Doch dazu kam es nicht. In der IMO sind 176 Staaten organisiert. Darunter China, EU und USA, die unter Präsident Donald Trump selbstverständlich eine Sonderrolle spielen. Offenbar ist es der Trump-Administration hinter den Kulissen gelungen, die klimafreundliche Mehrheit einzuschüchtern.

Dabei sitzt die maritime Welt am längeren Hebel: Die amerikanische Flotte ist klein und Schiffe aus Deutschland, Griechenland oder China würden in allen Häfen (außer den amerikanischen) zur Kasse gebeten, wenn sie gegen IMO-Regeln verstoßen. Diese gelten nämlich auf hoher See als Gesetz.

Das Netto-Null-Rahmenwerk der IMO auf die lange Bank zu schieben, ist ein herber Rückschlag für die gesamte maritime Industrie und den globalen Klimaschutz. Und ein Weckruf vor der anstehenden Weltklimakonferenz in Brasilien. Das sehen nicht nur Umweltorganisationen so, sondern auch Teile der Wirtschaft wie der Verband deutscher Reeder. »Nach« dem Beschluss ist daher auch bei der IMO »vor« dem Beschluss.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.