Flughafen Berlin-Brandenburg: Viel Alarm, wenig Drohnen

Nach Vorfall am BER fordert Innensenatorin Spranger mehr Maßnahmen gegen Drohnen – Senatsdaten mahnen aber zur Gelassenheit

Am Flughafen BER gab es 2025 fünf Drohnenvorfälle, die den Flugverkehr behinderten.
Am Flughafen BER gab es 2025 fünf Drohnenvorfälle, die den Flugverkehr behinderten.

Am Freitagabend sorgte die Sichtung einer Drohne am Flughafen BER für Störungen: Knapp zwei Stunden lang wurde der Flugverkehr in Schönefeld eingestellt. Eine Reihe von Flügen musste umgeleitet werden, einer fiel komplett aus. Nach Mitternacht lief der Betrieb aber wieder normal.

Innensenatorin Iris Spranger (SPD) reagierte umgehend: »Ich begrüße die Initiative auf Bundesebene in Bezug auf die Drohnenabwehr. Ich befürworte die Einrichtung eines zentralen Drohnenabwehrzentrums«, teilte sie auf dpa-Anfrage mit. Berlin habe die Dringlichkeit früh erkannt und bereits im Kontext der Uefa Euro 2024 Abwehrtechnik beschafft. Weitere Anschaffungen würden folgen.

Die Aufregung kontrastiert allerdings mit Zahlen, die der Senat erst einen Tag zuvor veröffentlichte. In einer Antwort auf eine schriftliche Anfrage vom 23. Oktober wird deutlich: Von einer Zunahme von Drohnenvorfällen kann in Berlin nicht die Rede sein.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Luftverkehrsgesetz im Hinblick auf »Gefahrenlagen« mit Drohnen bewegt sich der Antwort zufolge seit Jahren auf ähnlichem Niveau: 2020 waren es 50 Fälle, 2021 sank die Zahl auf 39, stieg 2022 auf 70, fiel 2023 auf 56 und lag 2024 bei 68 Fällen. Dieses Jahr wurden mit Stand Oktober 46 Verfahren registriert.

Diesen Trend bestätigt auch die Deutsche Flugsicherung: In ihrem fortlaufenden Report zu Behinderungen durch Drohnenflüge in Berlin wurden in diesem Jahr bislang fünf Vorfälle erfasst. Im vergangenen Jahr waren es 20.

»Ich befürworte die Einrichtung eines zentralen Drohnenabwehrzentrums.«

Iris Spranger Berliner Innensenatorin (SPD)

Besonders aufschlussreich: Drohnenüberflüge über kritische Infrastruktur werden in Berlin erst seit Januar 2025 strukturiert erfasst. Bis zum 9. Oktober gab es in diesem Jahr gerade einmal zwei solcher Sichtungen über Kritis-Einrichtungen. Der Vorfall am BER wäre damit der dritte Fall.

Auch die Zahlen der ermittelten Tatverdächtigen mahnen zur Gelassenheit: 2020 waren es 40 Personen, 2021 33, 2022 61, 2023 45 und 2024 62. Bis Anfang Oktober 2025 wurden 40 Tatverdächtige erfasst. Daraus ließe sich schließen: Ein Großteil der Vorfälle wird von der Polizei aufgeklärt.

Der Senat selbst beschreibt in der Antwort die Lage differenziert: »Die im gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland in der letzten Zeit verstärkt festgestellten Drohnensichtungen stellen für die Sicherheitsbehörden in Berlin eine ernstzunehmende Herausforderung dar, wenngleich es in Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern nur in sehr geringem Ausmaß zu Drohnensichtungen gekommen ist.«

Zu der steigenden Zahl solcher bundesweiten Vorfälle muss allerdings auch der Bestand an kleinen handelsüblichen Drohnen ins Verhältnis gesetzt werden. Dieser hat sich in den letzten vier Jahren in etwa verdoppelt.

Ungeachtet der Zahlen will Berlin die rechtlichen Grundlagen zur Drohnenabwehr ändern. Eine Sprecherin der Innenverwaltung teilte mit, das Abgeordnetenhaus berate derzeit eine Ergänzung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG). Danach solle eine spezialgesetzliche Regelung geschaffen werden, die Drohnendetektion und -abwehr regelt. Der jüngste Vorstoß des Bundesinnenministeriums zum Bündeln von Kompetenzen aus Bund und Ländern und Möglichkeiten auch zur militärischen Intervention sei zu begrüßen.

Die Polizei Berlin verfügt nach eigenen Angaben bereits über eine entsprechende Technik zur Detektion, Verifikation sowie zur Abwehr von unkooperativen unbemannten Luftfahrtsystemen. Vor einigen Jahren musste sich die Landeshauptstadt hierzu bei einer Drohnenaktion des Seebrücke-Netzwerks noch Schützenhilfe beim BKA holen.

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