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European Forum: Theorie und Praxis
Uwe Sattler sieht das European Forum als Erfolgsgeschichte – mit Luft nach oben
Bekanntlich ist es mit linken und anderen progressiven Kräften mitunter wie im Film »Das Leben des Brian«: Dort diskutieren strikt getrennt voneinander Gruppen, die sich spinnefeind sind, in Hinterzimmern philosophische Fragen jenseits des realen Lebens. Und wenn schon einmal eine konkrete Aktion geplant wird, scheitert deren Umsetzung an den simpelsten organisatorischen Fragen. Dass es im echten Leben anders geht, beweist alljährlich das European Forum von linken, grünen und anderen progressiven Kräften. Parteien, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Initiativen aus der Zivilgesellschaft beraten gemeinsam, wie nicht nur die EU, sondern Europa insgesamt verändert werden kann.
Gerade in dieser gemeinsamen Debatte – bei allen Unterschieden in Detailfragen – besteht der Wert des European Forum. Bei der neunten Auflage in Wien standen am Wochenende praktisch alle zentralen Themen auf der Agenda, die die Menschen in allen Ländern ähnlich betreffen. Die Schlusserklärung ruft zurecht zu vereinten Anstrengungen im Kampf für Frieden und gegen Militarisierung, für soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz, für ein Ende des israelischen Mordens im Gazastreifen, für die Transformation des europäischen Wirtschaftsmodells auf.
Dies ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Denn was in Papieren und Erklärungen gut klingt, sieht in der Praxis oft anders aus. Zwar gibt es durchaus öffentlichkeitswirksame Aktionen linker europäischer Kräfte, wie beispielsweise die Friedensmanifestationen oder die Housing-Kampagne für das Grundrecht auf Wohnen der Europäischen Linkspartei. An länderübergreifenden Initiativen, die tatsächlich von verschiedenen progressiven Strukturen getragen werden, mangelt es jedoch noch.
Zudem bleibt das Problem der Sichtbarkeit – sowohl der Alternativen für Europa als auch derjenigen, die dafür eintreten. Dafür allerdings müssen die progressiven Kräfte in den einzelnen Ländern mitziehen. Aber auch unter diesen ist der Blick noch zu oft auf das eigene Land und die eigene Wählerschaft gerichtet. Dabei ist die Tatsache, dass progressive Kräfte überhaupt über Differenzen und – die viel größeren – Gemeinsamkeiten in ihren europapolitischen Positionen sprechen, eigentlich ihre Stärke.
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