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Thailand und Kambodscha: Entspannung in kleinen Schritten
Die asiatischen Nachbarländer haben mit dem Rückzug schwerer Waffen aus dem Grenzgebiet begonnen
Die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen Thailand und Kambodscha ist angelaufen. Ein Element dafür ist der schrittweise Rückzug schwerer Waffen, der am 1. November um 18.45 Uhr Ortszeit begonnen hat. In Phase eins, die für drei Wochen bis zum 21. November angesetzt ist, sollen zunächst die Raketenwerfer auf Positionen im Landesinnern zurückgefahren werden. Der Rückzug von Artillerie soll in einem zweiten Schritt folgen, in Phase drei sollen dann die Panzer abrücken, die an etlichen Stellen noch das Ortsbild prägen. Insgesamt soll dann, sofern alles nach Plan läuft, die Grenzregion ab dem Jahreswechsel nicht deutlich stärker durch Militärpräsenz geprägt sein als bis April dieses Jahres, als die erste Stufe der Eskalation des schon Jahrzehnte alten Konflikts einsetzte.
Hoffnung auf dauerhafte Befriedung
Das Friedensabkommen war der vorläufige Schlusspunkt unter einem halben Jahr eskalierter Spannungen und sogar vier Tagen und fünf Nächten gegenseitigen schweren Beschusses Ende Juli: Am 26. Oktober hatten am Rande des Asean-Gipfels in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur die Regierungschefs von Thailand und Kambodscha, Anutin Charnvirakul und Hun Manet, im Beisein von US-Präsident Donald Trump ihre Unterschriften unter ein Friedensabkommen gesetzt. Zuvor hatte am 28. Juli eine von Trump und Malaysias Premier Anwar Ibrahim vermittelte Waffenruhe die militärischen Aktionen gestoppt. Mit dem Abkommen verbindet sich die Hoffnung, dass in den umstrittenen Bereichen der Grenze dauerhaft wieder Ruhe einkehrt.
Generalleutnant Maly Socheata, die Sprecherin des kambodschanischen Verteidigungsministeriums, sprach zu Wochenbeginn in einer Erklärung vor der nationalen und internationalen Presse vom »gemeinsamen Bemühen Kambodschas und Thailands, die Vereinbarungen zu honorieren und umzusetzen«. Schon am 31. Oktober hatten Regierungsvertreter in Bangkok und Phnom Penh den Beginn des Rückzugs für den Folgetag angekündigt. Bisher deutet nichts darauf hin, dass es zu Störungen oder großen Verzögerungen kommt.
Thailands Premier Anutin, der nur einige Monate bis zu den Parlamentsneuwahlen übergangsweise im Amt ist, trat am Montag explizit Meldungen entgegen, Kambodscha habe schweres Militärgerät umgehend zurück Richtung Grenze gebracht. Solche Berichte entbehrten jeglicher sachlicher Grundlage, berief er sich auf die ihm vorliegenden Informationen aus der Führungsetage der Armee. Er stehe im engen Austausch mit General Ukrit Boontanong, dem Oberkommandierenden der Royal Thai Armed Forces (RTAF), wurde Anutin von der Zeitung »The Nation« zitiert. Bei Bedarf werde er sich später vor Ort persönlich ein Bild machen.
Absprachen über fristgemäße Umsetzung
Die regionalen Militärspitzen auf beiden Seiten stehen laut verschiedener Meldungen in regem Austausch, um die Maßnahmen abzustimmen und eine fristgemäße Umsetzung zu garantieren. Der Waffenrückzug mag in der logistischen Ausführung einige Zeit erfordern. Parallel dazu stellt die Räumung verminter Bereiche eine komplizierte Aufgabe dar. Insbesondere Kambodscha war von Bangkok vorgeworfen worden, schon seit April massiv Minen verlegt zu haben – mehrere thailändische Soldaten wurden schwer verletzt, als sie bei Patrouillen auf vermeintlich noch eigenem Territorium auf solche gefährlichen Hinterlassenschaften stießen.
Dass auch mit dem Friedensabkommen eine umfassende Entspannung dauern mag, illustriert der Umstand, dass sich Thailand bislang weigert, 18 gefangene kambodschanische Soldaten freizulassen, wie die Zeitungen »Bangkok Post«, »The Nation« und auch »Phnom Penh Post« übereinstimmend berichteten. Eine Voraussetzung für die Freilassung ist nach Angabe eines Armeesprechers vom Dienstag die 100-prozentige Umsetzung des Waffenrückzugs, unabhängig bestätigt vom Asean-Beobachterteam. Als zweite Voraussetzung gilt die Räumung der ersten fünf von 13 verminten Bereichen.
Störungen für die Entspannungsbemühungen kommen etwa vom ultranationalistischen Aktivisten Veera Somkwamkid in Thailand, der vorigen Freitag mit einer Gruppe Anhänger auf einem Bagger und vier Traktoren in der östlichen Provinz Sa Kaeo in einem Grenzdorf eine Absperrung durchbrochen hatte, um persönlich die Häuser von Kambodschanern einzureißen. Jene waren vor über 40 Jahren aus ihrer Heimat vor dem Bürgerkrieg geflohen. »Wenn die Regierung nicht handelt, tun es die Bürger selbst«, so Veera, der laut »Bangkok Post« die umgehende Deportation der Kambodschaner durchsetzen will. Sicherheitskräfte, darunter 100 Mann einer Sondereinheit, konnten die Unruhestifter stoppen.
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