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Sri Lanka: Wer hat die Kokosnuss geklaut?
Konflikte zwischen Affen, Elefanten und Menschen in Sri Lanka
In Sri Lanka konkurrieren Elefanten und Affen mit den Menschen um Nahrung. Mensch-Tier-Konflikte bringen die Bauern um einen guten Teil der Ernteerträge. Die Bauern ihrerseits bekämpfen die tierischen Akteure mit Gewalt. Lösungen des Konflikts sind schwierig.
Bei den Affen sind die endemischen Toque-Makaken eine Plage, von denen es laut einem wissenschaftlich umstrittenen, Anfang 2025 durchgeführten Affenzensus rund 6,5 Millionen geben soll. Die Ceylon-Hutaffen, so der deutsche Name, lieben Kokosnüsse. Diese machen zusammen mit anderen Kokosprodukten rund 10 Prozent der landwirtschaftlichen Erzeugung und einen guten Teil der Exporte Sri Lankas aus. Da schlägt der jährliche Ernteverlust von rund 20 Prozent durch die Affen für die Kokosnussbauern heftig ins Kontor.
Die Gründe für das Eindringen von Elefanten und Affen auf der Futtersuche in die landwirtschaftlich genutzten Gebiete sind bei beiden Arten die gleichen: schwindender Lebensraum, aber auch die Verlockung der Felder und Plantagen als »Futterbüffet«.
Hunde in Leopardenkostümen streiften durch die Plantagen.
Es gibt eine Reihe von Experimenten und Pilotprojekten, Elefanten und Affen von den Feldern fernzuhalten. Die Experten von der Universität Peradeniya nutzten bei Feldversuchen die Furcht der Ceylon-Hutaffen vor Leoparden sowie vor den größeren und stärkeren Languren: Hunde in Leopardenkostümen sowie als Languren verkleidete Männer streiften durch die Plantagen. Getestet wurde zudem das Verteilen von Leopardenfäkalien an Bäumen. Alle drei Methoden erwiesen sich in dem einmonatigen Beobachtungszeitraum als erfolgreich. Aber in einer von der Behörde für den Schutz von Wildtieren veröffentlichten Studie heißt es auch, diese Methoden könnten nur für kurze Zeit eingesetzt werden, weil die Affen sehr lernfähig seien.
Ähnlich sieht es bei Methoden zur Reduzierung des »Human Elephant Conflict« (HEC) aus. Mit rund 6500 noch in freier Wildbahn lebenden Tieren hat Sri Lanka nach Indien die zweitgrößte Elefantenpopulation Asiens. Der Vorsitzende des Centre for Conservation and Research Sri Lanka (CCRSL), Prithiviraj Fernando, erklärt gegenüber »nd.Die Woche«, Bauern würden aggressiv gegen eindringende Elefanten vorgehen und: »Die Elefanten reagieren dann ebenfalls mit Aggression – was zu einer Eskalation des Konflikts zwischen Mensch und Elefant führt.«
Die Elefanten leben sowohl in Schutzgebieten als auch außerhalb, wobei es ausschließlich außerhalb der Reservate zu Konflikten kommt. Als untauglich und letztlich gar kontraproduktiv hat sich laut Studien des CCRSL die Umsiedlung von Elefanten in Schutzgebiete erwiesen. Diese könnten wegen begrenzter Nahrungsressourcen nur eine bestimmte Zahl von Elefanten beherbergen, heißt es in einer Veröffentlichung des CCRSL. Zudem könne eine zu große Zahl zu »aggressiven Interaktionen zwischen Elefanten sowie Krankheitsausbrüchen führen«.
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Im Mittelpunkt des vorgeschlagenen Elefantenmanagements steht die »Chena-Kultivierung«: Kleinbauern roden bei diesem traditionellen Wanderfeldbau ein Stück Land und brennen es ab. Es wird dann so lange bewirtschaftet, bis die Fruchtbarkeit nachlässt. Danach liegen die Felder mehrere Jahre brach und bilden mit den Reservaten einen zusammenhängenden Lebensraum für Elefanten. »Die Chena-Landwirtschaft ist mit der Anwesenheit von Elefanten vereinbar und ermöglicht eine zeitliche Aufteilung der Ressourcen zwischen Menschen und Elefanten«, so Fernando. Da es aber auch bei dieser Strategie nicht ganz ohne Schwund geht, müssten die Kleinbauern für Ernteschäden durch die Elefanten – die immerhin 150 Kilo pro Tag fressen – entschädigt werden.
Doch die Politik hört nicht auf die Wissenschaft. Der 2023 eingeführte Nationale Aktionsplan zur Minderung von HEC hat laut Fernando schon 2024 zu einem starken Rückgang der Konflikte geführt. »Leider haben wir nun einen schweren Rückschlag erlitten, da die seit 2024 amtierende neue Regierung Elefanten wieder in die Schutzgebiete vertreibt«, klagt Fernando.
Was bleibt, sind Elektrozäune als Elefantenabwehr. Geht es nach dem CCRSL, sollten aber nicht die Wälder eingezäunt werden, sondern Felder und Dörfer. Fernando betont: »Von den Gemeinden errichtete Zäune bieten einen Ausweg aus diesem eskalierenden Konflikt.«
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