Vonovia: Vorerst keine Mietspiegeltricks mehr

Das Wohnungsunternehmen verzichtet In Berlin auf umstrittene Miet­erhöhungen mit erfundenen Merkmalen

Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia will in Berlin vorerst nicht mit dem Mietspiegel tricksen.
Deutschlands größter Wohnungskonzern Vonovia will in Berlin vorerst nicht mit dem Mietspiegel tricksen.

Mit Vonovias Mietspiegeltricks ist vorerst Schluss. Das teilte Wohnungssenator Christian Gaebler (SPD) auf Nachfrage der Grünen-Fraktion am Montag im Stadtentwicklungsausschuss mit. Das Vorgehen von Vonovia sorgt seit Monaten für Kritik: Immer wieder begründet das Immobilienunternehmen Mieterhöhungen mit den Wohnungsmerkmalen »Überdurchschnittliche Nahversorgung« oder »Überdurchschnittliche ÖPNV-Anbindung«. Diese rechtfertigen aus Sicht des Unternehmens höhere Mieten nach dem Mietspiegel. Aber: Diese Merkmale sind im Mietspiegel nicht aufgeführt.

Der Senat habe Vonovia angeschrieben und das Unternehmen aufgefordert, das »aus unserer Sicht rechtswidrige Verhalten« zu unterlassen, so Gaebler. Vonovia habe angekündigt, dass man den neuen Mietspiegel abwarten werde und bis dahin keine weiteren entsprechenden Mieterhöhungsverlangen verschicken werde, sagt der Senator. »Insofern hat sich der Senat erfolgreich für die Mieter*innen eingesetzt.«

Außerdem habe das Unternehmen angekündigt, dass laufende Klagen zurückgezogen würden. Bislang hatte das Unternehmen Mieter*innen, die sich den Mieterhöhungen verweigerten, vor Gericht gezogen. Allerdings verlor das Unternehmen zahlreiche Verfahren. Zuletzt hatte am 30. September mit dem Landgericht Berlin erstmals ein höheres Gericht eine entsprechende Entscheidung getroffen.

Von der Entscheidung des Unternehmens nicht betroffen sind allerdings Mieter*innen, die den Mieterhöhungen bereits zugestimmt haben. »Da, wo die Mieterhöhungen akzeptiert worden sind, gibt es keinen rechtlichen Spielraum für Veränderungen«, sagt Senator Gaebler. Und für die Zukunft will sich das Unternehmen auch nicht festlegen. Wie auch auf mehrfache nd-Anfragen zuvor, berichtet der Senator, dass Vonovia weiterhin an seiner Rechtsauffassung festhalte, dass entsprechende Mieterhöhungen möglich seien.

Eine Vonovia-Sprecher bestätigt auf nd-Anfrage die Senatsangaben. »Wir haben in den vergangenen Monaten in vielen Gesprächen in Berlin – von unseren Mieter*innen über andere Ansprechpartner in der Stadt bis hin zur Politik – viele auch kritische Rückmeldungen zu einzelnen Merkmalen unserer Mietanpassungen erhalten«, so der Sprecher weiter. Man nehme diese Rückmeldungen ernst. Und das Unternehmen will sich an seine Mieter*innen wenden. Alle Berliner Vonovia-Mieter*innen, bei deren Mietverhältnis eine Veränderung greife, würden ein Schreiben erhalten, so der Sprecher. »Auch die damit befassten Mietervereine werden wir im Zuge unseres Austauschs informieren.« Die Frage, ob Vonovia in Zukunft solche Mieterhöhungen ausschließen könne, beantwortete das Unternehmen nicht.

Der Opposition geht die Ankündigung von Vonovia nicht weit genug. »Vonovia muss alle Mieterhöhungen zurücknehmen«, fordert die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katrin Schmidberger im Gespräch mit »nd«. Es könne nicht sein, dass gerade die Mieter*innen geprellt würden, die ihre Rechte nicht kennen, so Schmidberger weiter. »Dieser Rechtsbruch darf sich nicht auszahlen.« Die Politikerin bemängelt außerdem, dass zwar Vonovia, aber nicht die betroffenen Mieter*innen vom Senat angeschrieben worden seien. Es wäre leicht gewesen, diese so vor »Vonovias Betrug« zu schützen.

»Die Ankündigung von Vonovia ist interessant, aber ich bin skeptisch, ob sich der Konzern wirklich daran halten wird«, sagt Niklas Schenker zu »nd«. Vonovia sei einer der dreistesten Vermieter Berlins, so der wohnungspolitische Sprecher der Berliner Linksfraktion weiter. Er bemängelt, dass der Senat zu spät gehandelt habe. »Dem Senat ist schon lange bekannt, dass Vonovia mit falschen Merkmalen trickst, um illegal die Mieten anzuheben. Aber passiert ist nichts.« Auch lägen der Linken fehlerhafte Mieterhöhungen von Vonovia vor, die nach dem Urteil des Landgerichts rausgeschickt worden seien. »Das grenzt an Betrug«, sagt der Linke-Politiker, der ankündigt, »in ganz Berlin« weiter Mieterversammlungen zu organisieren und den Leuten zu ihrem Recht zu verhelfen.

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