Asog-Reform: Gegen den »autoritären Überwachungsstaat«

Zivilgesellschaftliches Bündnis fordert Stopp der Reform der Gesetzes-Novelle

Unter anderem der Alexanderplatz gilt als »kriminalitätbelasteter Ort«. Die Asog-Reform sieht dort dauerhafte Videoüberwachung mit automatisierter Verhaltensmustererkennung vor.
Unter anderem der Alexanderplatz gilt als »kriminalitätbelasteter Ort«. Die Asog-Reform sieht dort dauerhafte Videoüberwachung mit automatisierter Verhaltensmustererkennung vor.

Ein Zusammenschluss von Bürgerrechtsorganisationen warnt in einem gemeinsamen Statement vor der geplanten Novelle des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) durch den Berliner Senat. Die Asog-Reform drohe einen »autoritären Überwachungsstaat« aufzubauen. Am 4. Dezember wird die Reform zum zweiten Mal im Abgeordnetenhaus gelesen – dann könnte das Gesetz sogleich beschlossen werden.

Das Statement stammt vom »Bündnis soziale Sicherheit«. Unterzeichnet wurde es unter anderem vom Arbeitskreis kritischer Jurist*innen an der Humboldt-Universität, dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), der Digitalen Gesellschaft, dem Justice Collective, der Roten Hilfe Berlin und der Opferberatungsstelle ReachOut.

Die schwarz-rote Koalition plant mit der Asog-Reform eine massive Ausweitung polizeilicher Befugnisse. Die Gesetzesnovelle sieht unter anderem die dauerhafte Videoüberwachung mit automatisierter Verhaltensmustererkennung an »kriminalitätsbelasteten Orten« (kbO) vor. Zudem soll es Polizei und Sicherheitsbehörden erlaubt sein, biometrische Abgleiche von Fotos im Internet mit personenbezogenen Daten zu machen. Außerdem sollen sie heimlich Wohnungen betreten dürfen, um Staatstrojaner auf dem Handy oder dem PC zu installieren. Die Polizei soll zudem ohne Wissen der Betroffenen in Funkzellen angefallene Telekommunikationsverkehrsdaten abfragen dürfen.

»Das Gesetz bekämpft institutionelle Diskriminierung nicht – es legitimiert sie systematisch«, teilt das Bündnis mit. So würden die erweiterten Polizeibefugnisse und verdachtsunabhängige Kontrollen in der Praxis Rassismus begünstigen. People of Color, Schwarze Menschen, migrantisch gelesene und sozial marginalisierte Personen würden noch häufiger zur Zielscheibe einer Polizeikontrolle werden. »Und als Höhepunkt: Der gezielte Todesschuss soll ausdrücklich erlaubt werden – selbst ohne vorherige Warnung.«

Die Koalition plant zudem, große Datenmengen mithilfe einer KI-gestützten Software zu vernetzen. »Diese könnte an Systeme wie die von Palantir angelehnt sein, welche riesige Datenmengen aus verschiedensten Quellen verknüpfen und daraus Personen- und Verhaltensprofile erstellen«, teilt das Bündnis mit. »In den USA trägt die Software nachweislich zu brutalen Deportationspraktiken bei und wird von Geheimdiensten und Militär eingesetzt«, heißt es ferner. Bisher hatte die Koalition abgestritten, Palantir einsetzen zu wollen.

»Während Berlin soziale Träger und Kultureinrichtungen kaputtspart, sollen Millionen an Steuergeld in eine Technologie fließen, die international als demokratiegefährdend gilt«, kritisiert das Bündnis. Statt Repression fordern die Unterzeichnenden mehr Geld für soziale Träger, Beratungsstellen und soziale Projekte. Außerdem fordern sie »wirklich unabhängige Ermittlungsstellen für Polizeigewalt« sowie mehr Bürgerrechte statt erweiterter Polizeibefugnisse.

»Insbesondere in Zeiten mit starken rechtspopulistischen und rechtsextremen politischen Strömungen ist die gesetzliche Legitimation von hochkomplexer Überwachung ein lautes Alarmsignal an die Zivilgesellschaft!« Die Asog-Gesetzesverschärfung löse tiefe Beunruhigung aus, teilt das Bündnis mit – »besonders mit Blick auf die Entwicklungen in den USA.«

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