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Volksaktie auf Abstellgleis

Elf Jahre Telekom-Börsengang: Kleinanleger sind längst geflüchtet

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei der Privatisierung der Bahn setzt die SPD inzwischen auf die Volksaktie. Deren Vorbild, die T-Aktie, war jedoch ein Fehlschlag.

Die SPD will die Regierungspläne zur Bahn-Privatisierung ändern. Gegen den Widerstand von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee hatte der Parteitag ein Volksaktienmodell beschlossen. Damit wolle seine Partei, so SPD-Chef Kurt Beck, verhindern, »dass sich ein Finanzinvestor einen Brocken schnappt«.

Die Bahn-Aktien sollen also an Kleinanleger gehen, wie es einst bei der Deutschen Telekom der Fall war. Genau elf Jahre ist es her, als der prominente Schauspieler Manfred Krug allabendlich in flotten Fernsehspots für den Kauf der »T-Aktie« warb. Die Krug-Kampagne feierte Triumphe – mehr als drei Millionen Bundesbürger, bis dahin auch im Westen Aktienmuffel, wollten plötzlich mit an die Börse. Koste es, was es wolle. Die Welle der Begeisterung schwappte über, und so erhielt nur jeder dritte Bewerber T-Aktien. Seit diesem Börsengang berichtet die »Tagesschau« täglich vom Frankfurter Parkett.

Heute ist das spekulative Interesse der meisten Zuschauer längst verflogen. Zum finanziellen Desaster wurde die T-Aktie für Millionen Kleinaktionäre endgültig durch zwei weitere Börsengänge. In den Jahren 1999 und 2000 warf der Bund als Eigentümer weitere Tranchen auf den Finanzmarkt. In ihren besten Tagen notierte die T-Aktie bei über 100 Euro. Aber das ist sieben Jahre her, und seitdem geht es bergab – inzwischen liegt der Kurs nur noch bei 15 Euro. Die meisten Kleinaktionäre haben sich längst von ihrer T-Aktie enttäuscht verabschiedet, sie wurde meistens mit hohen Verlusten verkauft. Dem Bonner Konzern und dem Staat brachten die drei Börsengänge dagegen fast 35 Milliarden Euro ein.

Trotz schlechter Erfahrungen auch mit anderen Volksaktien wie Preussag und VW machte sich der SPD-Parteitag bei der Bahnprivatisierung dafür stark. Das B-Aktien-Modell von Hermann Scheer und der hessischen Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti würde sich in einem wichtigen Punkt von der T-Aktie unterscheiden: Mit dieser sogenannten Vorzugaktie wäre kein Stimmrecht verbunden. Stattdessen soll es höhere Dividenden für die Aktionäre regnen.

Solche Vorzugaktien würden den Einfluss des Staates zunächst weitgehend erhalten. Auf Dauer könnten sie aber kaum verhindern, dass sich große institutionelle Investoren und Fonds bei der Bahn einkaufen sowie mit Macht höhere Gewinne fordern. Die Telekom gibt mittlerweile den Anteil privater Anleger mit unter 12 Prozent an, 57 Prozent jedoch werden von institutionellen Anlegern gehalten, darunter als Großaktionär der berüchtigte US-Finanzinvestor Blackstone.


Historie

Am Anfang war die Preussag. Schon 1959 brachte die Preußische Bergwerks- und Hütten AG die ersten »Volksaktien« an die Börse. Während der Zeichnungsfrist gab es in Westdeutschland einen Ansturm auf die Staats-Aktien. Um diese unerwartete Nachfrage zu befriedigen, wurde das Emissionsvolumen kurzerhand verdreifacht. Zeitungen schrieben von einem »Sieg der Volksaktie«. Aus dem staatlichen Stahlunternehmen von einst ist heute einer der weltgrößten Touristikkonzerne geworden, TUI. 1961 folgte die zweite Volksaktie, von VW. Der anfänglichen Begeisterung - der Kurs stieg um rund 300 Prozent - folgte die Ernüchterung. Jahrelang dümpelte die Volkswagen-Aktie vor sich hin. hape

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