Maja T.: »Hier drinnen erstickt jeder Funke Leben«

Bundesregierung sieht keine Rechtsverletzungen von Maja T. in Ungarn

Maja T. vor Gericht in Budapest. Am 22. Januar könnte das drastische Urteil gefällt werden.
Maja T. vor Gericht in Budapest. Am 22. Januar könnte das drastische Urteil gefällt werden.

Die deutsche Staatsbürger*in Maja T. sitzt seit über 500 Tagen in Budapest im Gefängnis. Zusammen mit anderen Aktivist*innen soll die non-binäre Person am Rande des »Tages der Ehre« im Februar 2023 vermeintliche oder tatsächliche Neonazis in der ungarischen Hauptstadt angegriffen haben. Die Linksfraktion im Bundestag hat in einer neuerlichen Kleinen Anfrage zu den schlechten Haftbedingungen in Ungarn gefragt. Das Auswärtige Amt sieht aber keine Pflicht, zu handeln.

Beschäftigte der deutschen Botschaft in Budapest hätten sich wiederholt ein Bild der Haftbedingungen gemacht, heißt es in der Antwort. Ihr lägen aber »keine Anhaltspunkte vor, die Rückschlüsse auf eine systematische Verletzung der in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierten Rechte zulassen«. Dass »durch unterschiedliche Organisationen immer wieder Kritik« daran geäußert werde, nehme man aber »zur Kenntnis«. Selbst das Ministerkomitee des Europarats hatte Ungarn aufgefordert, bis Dezember 2025 die Haftbedingungen in drei seiner Gefängnisse zu verbessern.

Eine Staatenbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte plant Berlin ebenfalls nicht – diese sei nur zulässig, »wenn der nationale Rechtsweg ausgeschöpft ist«. Maja T. müsste sich also wegen ihrer Haftbedingungen zunächst durch die ungarischen Instanzen klagen.

Luke Hoss, der die Anfrage gestellt hatte, kritisiert die Antwort scharf. Mit Floskeln versuche die Bundesregierung zu kaschieren, »dass sie ihre ohnehin schmalen Bemühungen für Maja T. schon vor Monaten aufgegeben hat«. Der deutsche Staat müsse aber alles tun, um eine Rücküberstellung zu erreichen. Das Auswärtige Amt bestätigt nur, dass T. nach einer letztinstanzlichen Verurteilung zur Verbüßung der Strafe nach Deutschland rücküberstellt werden kann. Dies hätten ungarische Behörden gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft Berlin zugesichert.

Währenddessen hat Martin Schirdewan, Fraktionsvorsitzender der Linken im Europäischen Parlament, T. am Montag abermals besucht. Diese habe ihm »erneut eindrücklich« von Verstößen ungarischer Behörden berichtet. Die andauernde Isolationshaft bezeichnet Schirdewan als »unhaltbaren Zustand, der sofort beendet werden muss«. Von einem 40-tägigen Hungerstreik erhole sich T. langsam. »Hier drinnen erstickt jeder Funke Leben«, wird die Gefangene zitiert.

Nach gegenwärtigem Stand soll am 22. Januar ein erstes Urteil fallen – für mehrere, angeblich im Rahmen einer kriminellen Vereinigung versuchten Körperverletzungen drohen T. bis zu 24 Jahren Haft.

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