Mit Handschellen ans Bett gefesselt
Krankem inhaftierten Gewerkschafter in Iran wird medizinische Behandlung verweigert
Der 45 Jahre alte Mahmoud Salehi, Vorsitzender der Bäckerei-Gewerkschaft der Stadt Saqez (Provinz Kurdistan) redete bei der friedlichen Maikundgebung im Jahr 2004. Dafür muss er einen hohen Preis bezahlen, denn die Arbeiterbewegung ist dem iranischen Regime ein Dorn im Auge.
Der bekannte Aktivist wurde verhaftet und im November 2005 zunächst zu fünf Jahren Haft und drei Jahren Verbannung in die Stadt Ghorveh verurteilt, die in der Provinz Kurdistan im Nordwesten des Landes liegt.
In dem Gerichtsverfahren brachte die Staatsanwaltschaft Salehis gewerkschaftliche Aktivitäten als Beweise gegen ihn vor. Dabei verwies die Anklagebehörde auf ein Treffen mit einer Vertreterin der internationalen Gewerkschaftsdachorganisation International Confederation of Free Trade Unions (ICFTU) im April 2004 kurz vor den Mai-Demonstrationen. Auf diesem Treffen hatte Salehi über die katastrophale Situation der Arbeitnehmer in Iran gesprochen.
Der Schuldspruch wurde dann im Berufungsverfahren zwar aufgehoben, im Neuverfahren verurteilte das Gericht Salehi wegen »Planung von Verbrechen gegen die nationale Sicherheit« schließlich jedoch zu einem Jahr Gefängnis und drei Jahren Bewährung. Salehi sitzt seit 9. April 2007 im Zentralgefängnis der Stadt Sanandaj (Kurdistan). Obwohl er zum Zeitpunkt der Verhaftung an einer Nierenkrankheit litt, wurde ihm medizinische Behandlung bislang untersagt. Inzwischen ist eine seiner Nieren ausgefallen – um die zweite Niere funktionstüchtig erhalten zu können, benötigt er sofortige ärztliche Behandlung und Dialyse.
Im Dezember wurde Mahmoud Salehi im Zustand der Bewusstlosigkeit in das Tohid-Krankenhaus in Sanandaj verlegt. Jedoch gibt es dort keinerlei Möglichkeiten zur Behandlung seines Nierenleidens. Ihm wurden stattdessen nur Beruhigungsmedikamente verabreicht. Sowohl im Krankenhaus als auch im Gefängnis ist der Gewerkschaftsaktivist, den Amnesty International als gewaltlosen politischen Gefangenen betrachtet, permanent mit Handschellen ans Bett gefesselt. Salehis gesamter gesundheitlicher Zustand verschlechtert sich rapide.
In der vergangenen Woche wurde der Vater zweier Kinder wegen schwacher Herzfunktion erneut in das Krankenhaus gebracht. Immer wieder steigt sein Blutdruck so hoch, dass der Druck auf seine Gehirnadern zur Bewusstlosigkeit führt. Er leidet zudem an einem schweren Darmödem, das mit seinem Nierenleiden in Verbindung stehen könnte. Wenn Mahmoud Salehi nicht endlich geeignete medizinische Behandlung erhält, wird er vielleicht das Ende seiner Haftstrafe nicht mehr erleben oder stirbt kurz nach seiner Freilassung.
Solidaritätsgruppen und Amnesty International rufen deshalb dazu auf, sich mit Protestbriefen an die iranische Führung für die Freilassung und fachärztliche Behandlung des Arbeiterführers einzusetzen. Iran habe es in der Hand, Salehi entweder sterben oder überleben zu lassen, heißt es in den Texten.
Das iranische Regime versucht mit allen Mitteln, Arbeiterführer wie Mahmoud Salehi mundtot zu machen. Gewerkschaftliches Engagement ist nur dem staatlichen »Islamischen Rat und Haus der Arbeiter« – Schorei islami und Khane Karegar – vorbehalten. Unabhängige Organisierungsversuche werden verfolgt und ziehen Verhaftungen nach sich, die die Führung mit Begründungen wie »Missachtung des Gottesstaates« oder »Gefährdung der nationalen Sicherheit« rechtfertigt.
Zahlreiche GewerkschafterInnen haben ihren Arbeitsplatz verloren. 24 Prozent der iranischen Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Weil immer mehr Menschen sich gegen Privatisierung, wachsende Arbeitslosigkeit und steigende Lebenshaltungskosten zur Wehr setzen, gehört die Arbeiterbewegung zu den Gegnern, die das iranische Regime zunehmend fürchtet.
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