Gewaltsamer Tod eines Gewerkschaftsführers

Ein Tarifstreit im Bausektor Panamas hat sich zum innenpolitischen Konflikt ausgeweitet

  • Andreas Knobloch, Mexico-City
  • Lesedauer: 3 Min.
In Panama gibt es in mehreren Branchen Auseinandersetzungen zwischen Regierung und den Gewerkschaften.

Auch nach über einer Woche halten in Panama die Auseinandersetzungen zwischen der Baugewerkschaft SUNTRACS und der Polizei an. Für die nächsten Tage sind weitere Demonstrationen angekündigt. In der vergangenen Woche war es vor allem in der Provinz Colón zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen, nachdem der 28-jährige Gewerkschaftsführer Al Iromi Emoir Smith Rentería dort nach einer Demonstration von der Polizei erschossen worden war. Die Bauarbeiter errichteten Barrikaden und lieferten sich stundenlange Straßenschlachten mit den Einsatzkräften, die mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen brutal gegen die Protestierenden vorgingen. Mehrere Dutzend Arbeiter wurden verletzt. Die Tageszeitung »Crítica en Línea« spricht von mehr als 700 Festnahmen.

Die Gewerkschaft, der rund 32 000 Arbeiter angehören, fordert bessere Sicherheitsbedingungen und 25 Prozent mehr Lohn. Die Arbeiter profitieren bislang kaum von den immer steigenden Gewinnen des boomenden Bau- und Immobiliensektors in Panama. Zudem sind die Sicherheitsbedingungen zum Teil abenteuerlich. »Hunderte Arbeiter bekommen von den Unternehmen nicht einmal eine Schutzausrüstung gestellt«, sagt Gregorio Guerrel, der SUNTRACS-Beauftragte für die Arbeitsplatzsicherheit. Allein in den vergangenen beiden Jahren sind 54 Arbeiter bei Unfällen zu Tode gekommen, weil Gerüste defekt waren oder Sicherheitsnetze fehlten.

Am Wochenende hatte die Regierung ein Dekret verabschiedet, welches die Sicherheit, Gesundheit und Hygiene im Bausektor neu regelt und dabei den Arbeitern mehr Mitsprache einräumt. In einer Fernsehansprache am Sonntagabend äußerte sich Präsident Martín Torrijos zuversichtlich, dass das neue Regelwerk helfen werde, Spannungen abzubauen und die Sicherheitsbedingungen zu verbessern. Gleichzeitig rief er zu Ruhe und Ordnung auf und warnte vor neuerlichen Ausschreitungen.

Gewerkschaftssprecher kritisierten, Torrijos Ansprache diene einzig dazu, »die Morde und die Unterdrückung zu rechtfertigen«. Wenn es keine »Provokationen von Seiten der Polizei« gibt, werden »die angekündigten Demonstrationen und Protestaktionen auch friedlich bleiben«.

SUNTRACS macht die Polizei für den gewaltsamen Tod des Gewerkschafters verantwortlich und fordert eine lückenlose Aufklärung. Zunächst hatte die Polizei behauptet, der Beamte habe in Notwehr gehandelt, doch da Smith in den Rücken geschossen wurde, ließ sich diese Erklärung nicht lange aufrechterhalten. Die Gewerkschaft fordert den Rücktritt von Justizminister Daniel Delgado und Arbeitsminister Edwin Salamín sowie von Polizeichef Rolando Mirones, und droht mit Generalstreik.

Für heute sind neuerliche Gespräche zwischen Regierung und Gewerkschaft angekündigt. Derweil bahnen sich weitere Auseinandersetzungen an. So zog sich die Ärztevereinigung COMENENAL aus Protest gegen die gewaltsame Unterdrückung der Bauarbeiterproteste aus den Gesprächen mit der Regierung über die Reform des Gesundheitswesens zurück. Ein Sprecher kündigte zudem für den Fall einer Privatisierung des Gesundheitssektors breiten Widerstand an. Und die Transportarbeitergewerkschaften drohen mit einem unbefristeten landesweiten Streik ab dem 25. Februar, sollte die Regierung ihrer Forderung nach einem »Einfrieren« der Spritpreise nicht nachkommen.

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