Rettung auch für Bankkunden

Verbraucherzentrale fordert Solidarität mit betroffenen Sparern

  • Nissrine Messaoudi
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Banken müssen gerettet werden. Aber was ist mit den Sparern, die Geld verloren haben, wer rschützt die? Das fragt sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und forderte am Montag in Berlin die Regierung auf, die Verbraucher ins Zentrum des Krisenmanagements zu rücken.

Inge P. hat 20 000 Euro verloren. Sie hat sich nicht etwa am Aktienmarkt verspekuliert, nein, sie sei von der Citibank falsch beraten worden und kaufte Zertifikate der Lehman Brothers Inc. Die amerikanische Investmentbank musste Mitte September im Zuge der Finanzmarktkrise wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anmelden. Frau P. und viele andere Kunden verschiedener Banken sind Opfer von falscher Beratung geworden. »Die 20 000 Euro waren meine Altersvorsorge, die ist jetzt dahin«, sagte Inge P.. Die Bankangestellten hätten ihr versichert, dass es keinerlei Risiken gebe, sonst hätte sich die angehende Rentnerin keine Zertifikate gekauft.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband forderte gestern in Berlin von der Bundesregierung mehr Solidarität mit den betroffenen Sparern. »Wir leben in einer verrückten Welt. Die, die Hilfe bekommen, wollen sie nicht, die, die welche bräuchten, werden im Regen stehen gelassen«, kritisierte Gerd Billen, Vorstandsvorsitzender des vzbv, und verwies auf das 470 Milliarden schwere Rettungspaket für die Banken, die auf das Geld zum Teil gerne verzichten wollen.

Banken, die ihre Kunden falsch beraten, sollen nach Ansicht des Verbraucherverbands künftig stärker in die Verantwortung genommen werden. Dazu gehöre die Umkehr der Beweislast und die Verlängerung der Verjährungsfrist von drei auf zehn Jahre. »In der Regel können die Opfer nicht beweisen, dass sie tatsächlich schlecht beraten worden sind«, so Billen.

»Momentan versuchen wir, die Geschädigten zusammenzubringen, um organisiert eine Entschädigung zu verlangen«, erklärte Edda Castello, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale in Hamburg. 80 Prozent der Lehman-Zertifikate-Käufer seien über 60 Jahre alt. Sie seien von den Banken bewusst getäuscht worden, indem die Risiken verschwiegen worden sind. Auch die Provisionszahlungen, die die Angestellten bei Abwicklung eines Geschäfts bekommen, wurden nicht genannt, so Castello. »Ich bin sicher, das hätte viele Kunden stutzig gemacht.« Deshalb sei mehr Transparenz bei provisionsabhängigen Geschäften wichtig.

Auch Adelheid Mekschner wollte keine Risiken eingehen. Sie hat ihr Geld auf ein Tageskonto der Kaupthing-Bank – der größten Bank Islands – mit einem lukrativen Zinssatz überwiesen. Die Bank war auf dem deutschen Markt als Onlinebank vertreten. Rund 30 000 Deutsche vertrauten Kauphting-Bank ihr Geld an. Seit Oktober haben die Sparer allerdings keinen Zugriff mehr auf ihr Vermögen. Das Gesamtvolumen aller Einlagen, die noch auf Konten deutscher Sparer auf Eis liegen, beläuft sich derzeit auf rund 330 Millionen Euro. »Wir fordern die Bundesregierung auf, mit Island eine schnelle Lösung zu vereinbaren, so wie es einige Nachbarländer schon getan haben«, sagte Edda Castello. Darüber hinaus müsse die europäische Einlagensicherung auf dem Prüfstand. Um Verbraucher künftig besser zu schützen, sei eine unabhängige Stelle notwendig, die die Märkte beobachtet und bei Fehlverhalten Sanktionen verhängt. Außerdem müsse die finanzielle Unterstützung für Verbraucherzentren von Bund und Länder erhöht werden. Billen: »40 Millionen Euro pro Jahr wären nötig, um eine gute Beratung durchzuführen. Im Vergleich zum Rettungspaket sind das Peanuts.«

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