Zu viel Strom und zu viel Licht
»Lichtverschmutzung« vergrault Astronomen und wird für Tiere zur tödlichen Falle
Es begann am Rheinufer im Stadtteil Flehe: Im Dezember 2007 ließ Düsseldorf als erste Stadt Deutschlands durch ihre Stadtwerke elf energiesparende LED-Straßenleuchten (LED – Lichtemitter-Dioden) aufstellen. Das Ziel: Weniger Energieverbrauch, niedrigere Kosten, geringere Belastung der Umwelt. Ein Jahr danach zieht Josef Finger von den Stadtwerken Düsseldorf eine positive Bilanz: »Die LED-Leuchten verbrauchen 50 Prozent weniger Energie und müssen seltener gewartet werden als Natriumhochdrucklampen«, sagt Finger. Ausfälle seien bislang keine aufgetreten; zudem hätten LED-Lampen auch eine viermal so lange Lebensdauer wie herkömmliche Leuchtmittel.
Auch Naturschützer sind von den LEDs angetan, weil sie anders als Quecksilberdampflampen mit ihrem UV-Licht und die sehr hellen Natriumdampflampen kaum Insekten anlocken. Das bestätigen erste Beobachtungen des Biologen Gerhard Eisenbeis, der das Düsseldorfer Projekt wissenschaftlich begleitet und in einem Freilandversuch die Anziehungskraft unterschiedlicher Lampen untersucht: »Die Leuchtdioden werden erstaunlich selten angeflogen«. An den LED-Leuchten verschmoren somit nur wenige nachtaktive Insekten. Konkrete Ergebnisse will der Biologieprofessor der Uni Mainz Anfang 2009 veröffentlichen.
»Lichtverschmutzung ist eine neue Form der Umweltverschmutzung und schädigt Menschen, Tiere und Pflanzen«, sagt Peter Hettlich, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. In Sommermonaten verschmoren im Schnitt rund 150 Insekten pro Straßenlaterne, fand der Schweizer Wissenschaftler René Kobler heraus. Besonders betroffen sind Nachtschmetterlinge, Käfer und Köcherfliegen.
Straßenlaternen, Skybeamer, Flutlichtmasten auf Park- und Sportplätzen oder Beleuchtungsanlagen in Industriegebieten lenken aber auch Zugvögel auf ihrem Flug Richtung Süden ab. Sie weichen wegen der unnatürlichen Lichtquellen von ihrer Flugroute ab oder kollidieren mit hell erleuchteten Gebäuden.
Sanierungsbedarf für Deutschlands Straßenlichter sieht das Umweltbundesamt (UBA). »Ein Drittel der Lampen ist 20 Jahre und älter und entspricht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik«, teilt die Behörde mit. Laut UBA könnten Städte und Gemeinden den Energieverbrauch der Straßenbeleuchtung bereits mit der heute verfügbaren Technik um bis zu 50 Prozent senken. Bislang werden allerdings nur drei Prozent der Leuchten jährlich erneuert. Beschleunigen kann den Erneuerungsprozess die EU-Kommission. Dort basteln Experten derzeit an einer Verschärfung der Ökodesign-Richtlinie, in deren Folge ineffiziente Lampen wie die Quecksilberdampflampen in einigen Jahren vom Markt verschwunden sein könnten.
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