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Regierung streitet über zusätzliche Konjunkturimpulse

Merkel lehnt neue Stützmaßnahmen weiterhin ab, kündigt jedoch Spitzentreffen im Kanzleramt an

  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung streitet weiter über zusätzliche Impulse für die schwächelnde Konjunktur. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte ein Spitzentreffen zur Finanz- und Wirtschaftskrise an.

Berlin (dpa/ND). Nach einem Trommelfeuer von Vorschlägen für weitere Konjunkturhilfen will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die wirtschaftliche Lage doch noch vor Weihnachten überprüfen. Dazu kommt sie am kommenden Sonntag mit mehreren Ministern, Bankenvertretern und Wirtschaftsforschern zusammen. Konkrete Hilfen über das gerade beschlossene Konjunkturpaket hinaus sollen aber nicht beschlossen werden. In der Debatte über die richtigen Maßnahmen ist sich nicht nur die Union uneinig, sondern auch die SPD.

Deren Chef Franz Müntefering verlangte Vorbereitungen für den Fall, dass die bisherigen Beschlüsse nicht ausreichen. Fraktionschef Peter Struck warnte vor einer verfrühten Diskussion. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) schob laut »Spiegel« den Zeitpunkt für eine Entscheidung bis Ostern hinaus. Mehrere Topmanager forderten schnelle weitere Hilfen des Staates.

Merkel sagte der »Bild»-Zeitung (Montag): »Am kommenden Sonntag geht es in einer gemeinsamen Analyse um größtmögliche Klarheit über die wirtschaftliche Entwicklung 2009. Ich bleibe dabei, mir alle Optionen offen zu halten.«

Die Koalitionsspitzen beraten am 5. Januar. Festlegungen würden nicht erwartet, sagten Müntefering im »Focus« und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in der »Bild am Sonntag«. Struck nannte dies im »Hamburger Abendblatt« auch »viel zu früh«. Laut »Spiegel« sagte Steinbrück am vorigen Montag beim EU-Finanzminister-Treffen, er wolle das erste Quartal 2009 abwarten. Bisher plädierten Merkel und Steinbrück dafür, zunächst die Wirkung des am Freitag vom Bundesrat beschlossenen Pakets abzuwarten – ohne Terminangabe.

Müntefering fürchtet, »dass wir mit dem, was wir jetzt tun, möglicherweise nicht auskommen«. Im Frühjahr werde die Bevölkerung gemeinsame Maßnahmen sehen wollen. Struck riet jedoch, vorerst »sollten alle den Mund halten und abwarten«. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) rechnete im »Tagesspiegel am Sonntag« jedoch damit, dass im Januar der »Staat einen weiteren Schritt machen« muss.

Die von SPD-Vize Andrea Nahles und auch DGB-Chef Michael Sommer bekräftigte Forderung nach Konsumgutscheinen hält Struck für »schädlich, denn sie führt zu Kaufzurückhaltung« im Weihnachtsgeschäft. Wie Steinbrück zeigte sich auch Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) im Deutschlandradio skeptisch. Müntefering, der zeitweise ebenfalls Gutscheine empfohlen hatte, ließ nun Zweifel erkennen. Auch 74 Prozent der Bürger finden Gutscheine nach einer Umfrage nicht sinnvoll.

Struck forderte die Länder auf, eigene Investitionsprogramme aufzulegen. Baden-Württemberg plant nach Informationen der dpa eine solche Hilfe im Umfang von einer Milliarde Euro. SPD-Linke verlangen laut »Spiegel« ein Investitionsprogramm von 50 Milliarden Euro und im Gegenzug höhere Steuern für Reiche – so wie die Linkspartei.

Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) schlug in der »Süddeutschen Zeitung« vor, Bund, Länder und Kommunen sollten zusammen 4,6 Milliarden Euro für die Modernisierung von Schulen und Hochschulen investieren.

Die CSU lässt im Streit mit der CDU nicht locker: Sie beharrt auf raschen Steuersenkungen und weiteren Hilfen für den Mittelstand, wie aus einer Vorlage für die Vorstandssitzung an diesem Montag hervorgeht. Glos forderte, bis zum Sommer die schleichende Steuererhöhung durch Lohnsteigerungen (»kalte Progression«) zu beseitigen. Durch Aufstockung der Zuschüsse zum künftigen Gesundheitsfonds von 4 Milliarden auf 14 Milliarden Euro solle zudem der dann einheitliche Krankenkassenbeitrag gedrückt werden.

Über die EU-Pläne für ein europaweites Konjunkturpaket beraten an diesem Montag Frankreichs Präsident Nikolas Sarkozy, Großbritanniens Premier Gordon Brown und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso – ohne Merkel.

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