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Auch wenig Ozon schon giftig

Forscher: Erhöhte Sterblichkeit durch Atemwegserkrankungen

  • Walter Willems
  • Lesedauer: 2 Min.
Ozon schädigt schon in geringen Mengen die Atemwege. Zwar ist das farblose Gas in hohen Konzentrationen besonders gefährlich. Aber eine große US-amerikanische Langzeitstudie zeigt, dass der Stoff auch unterhalb der geltenden Schwellenwerte die Sterblichkeit steigert.

Während Ozon in der oberen Atmosphäre die Erde vor der UV-Strahlung der Sonne schützt, ist es in Bodennähe schädlich. Dort entsteht das Gas, das auch zur Erd-erwärmung beiträgt, vor allem bei hoher Sonneneinstrahlung durch Reaktionen bestimmter Stoffe wie etwa Stickoxide, die aus dem Straßenverkehr und von Industrieanlagen stammen. Forscher um Michael Jerrett von der Universität von Kalifornien in Berkeley verfolgten nun das Schicksal von fast 450 000 Menschen aus rund 100 US-Ballungsräumen. Im Untersuchungszeitraum von 18 Jahren starben knapp 120 000 Teilnehmer. Unter Berücksichtigung individueller Risikofaktoren wie etwa Alter, Beruf, Bildung, Ernährung oder Tabakkonsum filterten die Wissenschaftler heraus, wie stark die lokalen Ozon-Konzentrationen die Mortalität beeinflussen.

Demnach gefährdet Ozon vor allem die Bevölkerung jener Großräume mit stabilen Luftverhältnissen und sonnigem Klima. So hatten die Bewohner der südkalifornischen Metropolen Riverside und Los Angeles ein bis 30 Prozent höheres Risiko, an Atemwegserkrankungen zu sterben, als die Menschen in wenig belasteten Regionen wie San Francisco, wo regelmäßiger Nebel während der Sommermonate die Ozonwerte in Grenzen hält. Aber selbst dort erhöhten die relativ geringen Konzentrationen die Gefährdung noch um 14 Prozent, die die Forscher im »New England Journal of Medicine« (Bd. 360, S. 1085) schreiben.

»Dies ist das erste Mal, dass wir eine Verbindung zwischen dauerndem Kontakt zu Ozon, einem der verbreitetsten Giftstoffe in der Welt, und dem Sterberisiko aufgezeigt haben«, sagt Jerrett. Demnach steigert jede Zunahme der Belastung um 10 Parts-per-Billion (Teile pro Milliarde – ppb) das Risiko, an Atemwegsproblemen wie etwa Lungenentzündung zu sterben, um vier Prozent.

Dagegen schlug eine starke Feinstaubbelastung vor allem auf das Herz-Kreislauf-System. »Unsere Studie liefert zum ersten Mal Hinweise darauf, dass die langfristigen Belastungen mit Ozon und Feinstaub unabhängig voneinander verschiedene Auswirkungen auf die Sterblichkeit haben, und dass sie scheinbar unterschiedliche Teile des Körpers beeinflussen«, sagt Jerrett. »Die Ozonkontrolle kann nicht nur Erderwärmung abmildern, sondern sie könnte auch kurzfristig dazu führen, dass weniger Menschen an Atemwegserkrankungen sterben.«

Dies bestätigt George Thurston von der Universität New York: »Um die öffentliche Gesundheit zu schützen, reicht es nicht, nur die Spitzenwerte zu senken«, betont der an der Studie beteiligte Umweltmediziner. »Wir müssen auch die dauerhafte Belastung verringern.«

Angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden Gefahren hatte die US-Umweltbehörde EPA vor einem Jahr den Ozonschwellenwert von 80 auf 75 ppb gesenkt. Ein Expertengremium hatte gar nur 60 ppb empfohlen. Dies entspricht nach europäischer Lesart 120 Mikrogramm pro Kubikmeter. In der EU sollen die Behörden ab einem Wert von 180 Mikrogramm pro Kubikmeter die Bevölkerung unterrichten.

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