Rückschlag für CCS-Befürworter

Dänemark: Geplantes Kohlendioxidlager nach Protesten gestoppt

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung versucht, per Gesetz die umstrittene CCS-Technologie zur Abscheidung und Einlagerung von CO2 voranzutreiben. In Dänemark dagegen ist gerade ein Pilotprojekt wegen Anwohnerprotesten auf Eis gelegt worden.

Im nördlichen Jütland will der schwedische Energiekonzern Vattenfall ein riesiges CO2-Lager in zwei Kilometern Tiefe errichten. Geologen hatten die porösen Sandsteinlagen als geeignet erklärt, bis zu 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid aufnehmen zu können. In diesem Monat wollte Vattenfall 4000 Sprengungen vornehmen, um weitere Daten über den Untergrund zu sammeln – die zur Verfügung stehenden stammen aus den 50er Jahren, als hier nach Öl gebohrt wurde.

Vattenfall hatte allerdings die Pläne ohne die Anwohner gemacht. Diese gründeten die Initiative »Nein zur CO2-Lagerung«, die das Projekt vorläufig stoppen konnte. In der Bevölkerung ist die Befürchtung weit verbreitet, dass die Lagerschichten nicht dicht genug sein könnten, ein langsames Aufsteigen des Treibhausgases zu verhindern. Dies könnte sich in Geländesenken oder Kellern sammeln und tödliche Wolken bilden. Da CO2 geruch- und farblos ist, würden Mensch und Tier ohne Warnsignale in solche Konzentrationen laufen. Die Landwirte, unter deren Feldern das Lager angelegt werden soll, verweigerten den Vattenfall-Geologen das Betreten ihrer Flächen. Weitere Anhörungen vor dem Klimaausschuss des dänischen Parlaments sollen nun eine Klärung bringen.

Solange ein großer Teil der Weltenergieproduktion auf der Verbrennung fossiler Brennstoffe beruht, besteht akuter Bedarf, die dabei freigesetzten Milliarden Tonnen Kohlendioxid zu lagern, um die Atmosphäre vor zusätzlichen Mengen des Klimakillers zu schützen. Die CCS-Technologie (»Carbon Capture and Storage«) wird deshalb von vielen Experten als die ultimative Lösung angesehen, CO2 zu fangen und zu lagern. Seit Jahren wird daran geforscht, diesen Prozess technisch zu bewältigen und vor allem auch billiger zu machen, ohne dass es bisher konkrete Ergebnisse gegeben hätte. Nach Angabe der Internationalen Energieagentur (IEA) wird weltweit an über 100 Projekten gearbeitet. Allein die EU hat als Zielstellung, schnellstmöglich zwölf Demonstrationsanlagen in den Mitgliedsländern zu bauen. Eine davon steht bereits im dänischen Esbjerg. Auch hier sind die bisher vorliegenden Ergebnisse alles andere als ermutigend. Zwar wird der größte Teil des freigesetzten Kohlendioxids aufgefangen, doch muss das Kraftwerk für die Abscheidung des Gases rund 30 Prozent seiner Energieproduktion aufbringen.

Mit der heute zur Verfügung stehenden CCS-Technologie kostet die Abscheidung und Lagerung von CO2 zwischen 40 und 60 Euro per Tonne. Die Erwartung ist es, dass der Preis auf etwa 18 Euro fallen wird, wenn die Technologie um 2030 ausgereift ist und im industriellen Maßstab angewendet werden kann. Aber selbst dann wäre es für die Energiekonzerne billiger, sich CO2-Verschmutzungsrechte dazuzukaufen – der Preis liegt aufgrund der Wirtschaftskrise derzeit bei nur noch 14 Euro.

Eine andere theoretische Möglichkeit ist es, Kohlendioxid, das bei der Gewinnung von Erdöl und -gas freigesetzt wird, zu komprimieren, zurückzupumpen und für die weitere Ausbeutung des Vorkommens zu nutzen. Diese Technologie ist jedoch ebenso umstritten wie teuer.

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