Unbeugsam

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 1 Min.

Es war ruhiger geworden in den vergangenen Wochen, nach dem Verbot öffentlicher Proteste auf den Straßen Irans. Aber es war nur die Ruhe vor einem neuen Sturm. Wenn das Mullah-Regime gehofft haben sollte, dass man die Machtkrise aussitzen könne, der gestrige Tag dürfte Präsident Mahmud Ahmadinedschad und den hinter ihm stehenden obersten geistlichen Führer des islamischen Gottesstaates, Ayatollah Ali Chamenei, endgültig eines Besseren belehrt haben. Hunderttausende Oppositionelle nutzten das traditionelle Freitagsgebet zu neuen massiven Protesten gegen die Teheraner Regierung. Der einstige Präsident und einflussreiche Kleriker Akbar Hashemi Rafsandschani, der heute zwei der mächtigsten Gremien der Republik vorsteht, forderte die Freilassung all jener, die bei den Demonstrationen nach dem umstrittenen Urnengang festgenommen worden sind. Er warf der Teheraner Führung vor, nicht genügend Toleranz gegenüber dem eigenen Volk zu besitzen und rief in seinem Gebet zu einer offenen Debatte über die Präsidentenwahl auf, da noch immer viele Iraner das Ergebnis anzweifelten.

Es war ein Appell zum politischen Dialog, an beide Seiten. Die Antwort des Regimes: Tränengas, Knüppel und neue Festnahmen. Doch Rafsandschanis Auftritt belegt auch, wie tief der Riss im iranischen Establishment inzwischen ist. Und er macht es Ahmadinedschad schwer, hinter allem nur den langen Arm des Auslands zu beschwören.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal