In Gedanken schon in Moskau

Fußball-Nationalelf verspricht Steigerung nach glanzlosem Sieg

  • Klaus Bergmann und Christian Kunz, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

In ihren bequemen Business-Class-Sitzen konnten Michael Ballack & Co. nach einer kurzen Nacht noch etwas Schlaf nachholen – Joachim Löw träumte nach der erfüllten Pflicht in Aserbaidshan bereits von einer WM-Punktlandung in Moskau. Auch wenn der Bundestrainer nach dem 2:0 (1:0) gegen die Schützlinge von Berti Vogts »noch Verbesserungsmöglichkeiten in allen Bereichen« ausmachte und einige Baustellen im Team offenbar wurden, konnte er sich am Donnerstag auf dem frühen Rückflug aus Baku entspannt auf seinem Gangplatz ausstrecken. »Unser Ziel und unser Auftrag war, drei Punkte mitzunehmen. Das haben wir geschafft«, zog der 49-Jährige eine letztlich positive Reisebilanz.

»Hier haben sich viele Mannschaften schwergetan, wir gehören jetzt dazu«, kommentierte Abwehrchef Per Mertesacker am Ende des Abenteuers Aserbaidshan treffend. Und wenn auch der Rückflug aus der Kaukasusrepublik noch einen weiten Bogen um Moskau machte, kreisten die Gedanken längst um das große Duell am 10. Oktober in Russland. »Es wird wichtig sein, dass wir uns steigern, gegen die Russen, aber auch gegen die Finnen«, forderte Löw. Einen Heimsieg im Rückspiel gegen Aserbaidshan am 9. September in Hannover hat er fix einkalkuliert. »Natürlich ist unser Spiel in Russland wichtig. Sollten wir da ein Unentschieden erreichen«, rechnete Löw vor, läge das Ticket zur WM 2010 in Südafrika am 14. Oktober in Hamburg zur Abholung bereit: »Dann müssen wir das letzte Spiel gegen Finnland gewinnen.«

Noch sieben Punkte lautet Löws Kalkulation bis zum Happy-End in der Qualifikation. Am Mittwochabend im Tofik-Bachramow-Stadion genügten dem Vize-Europameister ein abgefälschter Linksschuss von Bastian Schweinsteiger (12. Minute) und ein Kopfball-Abstauber von Miroslav Klose (54.) zum erfolgreichen Start in die WM-Saison. Dass die Leistung von Baku gegen Russland nicht mal zu einem Punkt reichen wird, ist allen klar. »Wir können alle noch eine Schippe drauflegen«, meinte Mertesacker. Die Pflichtaufgabe gegen das Vogts-Team sei aber nicht aussagekräftig gewesen für die entscheidende Partie in Moskau. »Das sind komplett andere Spiele.«

In zwei Monaten, so versicherten alle Trainer und Spieler, werde man sich in einer viel besseren Form präsentieren. »Niemand ist jetzt in absoluter Top-Verfassung, das wäre auch ein kleines Wunder«, erklärte der Bundestrainer angesichts des gerade erst erfolgten Saisonstarts: »Dafür brauchen sie fünf, sechs, sieben Spiele.«

Dennoch sieht Löw Gesprächsbedarf für die nächste Zusammenkunft der Mannschaft Ende August vor dem Freundschaftsspiel gegen Südafrika. »Wir werden uns schon die Zeit nehmen, die Dinge aufzuarbeiten. Ein Abend ohne Sorgen war das nicht«, erklärte Löw. Auch der weitgehend abgetauchte Ballack räumte ein: »Zu bemängeln ist sicher einiges.« Die deutsche Elf beherrschte den Gegner nicht, und die neu formierte Abwehr kam viel zu häufig in Bedrängnis gegen einen Gegner, der wegen seiner Torschusspanik weiter ohne Treffer blieb. »Sie hätten ein Tor verdient gehabt«, trauerte Vogts mit seiner Mannschaft.

Klose und sein Münchner Kollege Gomez sind noch kein Traumpaar im Sturm. Im Mittelfeld zeigte Thomas Hitzlsperger nichts, was Routinier Torsten Frings noch weiter aufs Abstellgleis gerückt hätte. In der Abwehr wird Philipp Lahm »auch weiterhin auf der rechten Seite spielen«, kündigte Löw an. Bei der Suche nach dem Nachfolger links konnte Wolfsburgs Marcel Schäfer nicht überzeugen. Das galt auch für den jungen Stuttgarter Serdar Tasci in der Innenverteidigung. »Die Abstimmung war noch nicht ganz vorhanden«, meinte Löw.

Bei der Suche nach der Nummer eins durfte immerhin Robert Enke einen Etappensieg für sich verbuchen. In seinem fünften Qualifikationsspiel blieb der 31-jährige Torhüter von Hannover 96 zum vierten Mal ohne Gegentreffer. »Jedes Spiel zu Null ist ein kleiner Schritt für mich«, stellte Enke zufrieden fest. Ein großer könnte für ihn und soll für Fußball-Deutschland in Moskau folgen. »Dann geht es um die Wurst«, prophezeite Torschütze Klose.

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