Ein gutmütiger Hund kann kein Wachhund sein
Urteil
Wer ein Tier hält, muss für Schäden, die dieses anrichtet, grundsätzlich einstehen. Seine Haftung ist nur dann eingeschränkt, wenn es sich um ein so genanntes Nutztier handelt, das seinem Beruf oder seiner Erwerbstätigkeit dient. Ein Hund, der die Anwesenheit von Fremden nur meldet, ihnen gegenüber aber gutmütig ist, kann allerdings nicht als Wachhund und Nutztier angesehen werden, entschied das Landgericht Bayreuth in einem Urteil.
Wie der Anwalt-Suchservice berichtet, hatte ein Ladeninhaber einen Hund gehalten, der allgemein als gutmütig bekannt war. Tagsüber war das Tier häufiger vor dem Laden angeleint, nachts wurde es im privaten Wohnhaus des Mannes gehalten. Eines Tages näherte sich eine Besucherin des Ladenlokals dem angeketteten Tier und versuchte es zu streicheln. Der Hund wurde nervös und biss zu.
Die Verletzte verklagte den Tierhalter auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der meinte jedoch, er müsse nicht haften. Er halte das Tier im Laden als Wachhund und damit als Nutztier. Für Schäden, die ein Nutztier anrichte, müsste er nur haften, wenn er bei dessen Beaufsichtigung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hätte, was aber nicht der Fall sei. Außerdem, so der Mann, sei die Verletzte selbst schuld, da sie versucht habe, einen fremden Hund anzufassen. Das LG Bayreuth entschied den Fall wie folgt. (Urt. v. 21.11.07; Az.: 12 S 80/07)
Bei Tieren, wie Hunden, die entweder als Luxus- oder als Nutztier gehalten werden könnten, sei entscheidend auf die überwiegende objektive Zweckbestimmung abzustellen. Dabei, so die Richter, komme insbesondere auch der objektiven Eignung des Hundes für den vorgesehenen Zweck und der konkreten Form der Hundehaltung besondere Bedeutung zu.
Hier scheide bereits wegen der Gutmütigkeit des Hundes dessen objektive Eignung als Wachhund aus. Die vom Halter vorgetragene »abgeschwächte Form des Wachhundes« der die Anwesenheit von Fremden nur anzeigen, Kunden aber nicht verschrecken solle, sei nicht der Nutztierhaltung zuzuordnen. Auch die Tatsache, dass das Tier die meiste Zeit im Wohnhaus gehalten werde, lasse eher auf einen Familienhund – also ein Luxustier – schließen. Der Halter müsse für den durch den Hund verursachten Schaden haften. Allerdings müsse sich die Verletzte in der Tat ein Mitverschulden von einem Drittel anrechnen lassen. Aufgrund der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens setze sich jeder, der sich einem fremden Hund nähere, um ihn zu streicheln, einer Gefahr aus, so das Gericht.
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