• Politik
  • Die israelische Siedlungspolitik

Mehr Hoffen als Drängen

Washington wünscht diplomatischen Erfolg

  • Lesedauer: 3 Min.
Von Max Böhnel, New York

Auch das zweite Treffen des US-amerikanischen Nahostgesandten George Mitchell mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu blieb am Mittwoch ergebnislos. Schon am Vortag hatte man sich ohne Einigung im Streit um Israels Siedlungsbau in den Palästinensergebieten voneinander getrennt. Die USA hoffen auf einen Siedlungsstopp, wodurch Friedensverhandlungen mit den Palästinensern wieder möglich wären.

Angesichts innenpolitischer Probleme käme der Regierung Barack Obamas ein Durchbruch an der israelisch-palästinensischen Front zupass. Wie gut würde sich ein lächelnder Präsident machen, der seine Arme um die verfeindeten Schützlinge legt! Der medienwirksame Fototermin könnte während der UNO-Vollversammlung am 23. oder 24. September stattfinden. In New York würde das Weiße Haus gern die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen bei einem entsprechenden Dreiergipfel verkünden. Doch dem steht bislang die Weigerung des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas entgegen, Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu treffen. Denn die israelische Regierung beschloss vor einer Woche die Fortführung von Siedlungsaktivitäten im Westjordanland.

Auch Barack Obama und Außenministerin Hillary Clinton hatten im Frühjahr gefordert, Israel müsse den Bau der völkerrechtswidrigen Siedlungen stoppen. Doch die bisherigen Gespräche Netanjahus mit dem USA-Sondergesandten George Mitchell blieben ohne greifbare Ergebnisse. Am Freitag will man sich wieder treffen. Dem Vernehmen nach fordern die USA von Israel den symbolischen Stopp der Siedlungsaktivitäten für ein Jahr. Laut Tageszeitung »Haaretz« wäre die Regierung Israels als »Geste des guten Willens« zu einem Teilstopp im Westjordanland für sechs Monate bereit. Nicht dazu zählt sie Ost-Jerusalem, das dem zionistischen und religiös verbrämten Konsens zufolge als Teil der »ewigen Hauptstadt« gilt. Israelische Kommentatoren erwarten einen Kompromiss zwischen Israel und den USA, der auf ein neunmonatiges Moratorium hinauslaufen würde.

Der amerikanisch-israelische Siedlungsexperte Jeff Halper schrieb in der in Washington erscheinenden Zeitschrift »Merip«, ein Einfrieren der Siedlungsaktivitäten bleibe, über welchen Zeitraum auch immer, für einen substanziellen Friedensprozess »irrelevant«. Denn der Landraub sei in den letzten Jahren so weit fortgeschritten, dass von einem zusammenhängenden Gebiet namens »Staat Palästina« keine Rede mehr sein könne. Wenn Washington auf eine Zweistaatenlösung setze, müsse es über die Forderung nach einem Siedlungsstopp weit hinausgehen. Es gehe um nichts weniger als den Abriss aller seit 1967 erbauter Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem.

In der »New York Times« enthüllte eine Reportage am Montag, dass die Räumung der meisten illegal errichteten Siedlungen weniger Probleme aufwerfen würde, als dies von israelischen Politikern gegenüber ihren USA-Kollegen gerne behauptet wird. Nur ein Bruchteil der Siedler sei ideologisch – ultrareligiös oder rechtsextrem – motiviert. Die große Mehrheit dagegen sei aus praktischen Gründen in die preisgünstigeren Siedlungen gezogen und würde bei entsprechender Kompensation ohne Widerstand wieder auf israelisches Territorium zurückkehren.

Unklar blieb, ob Washington auf Israels Regierung Druck auszuüben bereit ist. Netanjahus Weigerung, einen Siedlungsstopp zu erklären, lässt den Schluss zu, dass Washington eher »hofft« als »anschiebt«. Ein solcher Druck müsse finanziellen Charakter haben, hieß es auf der von linken Außenpolitikexperten betriebenen Webseite »Foreign Policy in Focus«. Anfang der 90er Jahre verweigerte der USA-Kongress der israelischen Regierung Darlehen, solange sie den Siedlungsbau fortsetzte. Der Druck der USA führte zum Oslo-Friedensprozess. Nach demselben Muster könne Washington amerikanischen Rüstungsfirmen untersagen, Israel Sonderkonditionen zu gewähren, hieß es auf der Webseite.

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