Stiefkind Schienenverkehr

Bahnbranche fordert von neuer Regierung einen anderen Fahrplan

  • Erich Preuß
  • Lesedauer: 2 Min.
Union und FDP haben ihre Koalitionsverhandlungen noch gar nicht begonnen, da fordert die Bahnbranche von der künftigen Bundesregierung schon mehr verkehrspolitische Weitsicht. Anders als in der Vergangenheit müssten die Vorzüge des Schienenverkehrs berücksichtigt werden.

Klare verkehrspolitische Ziele und faire Bedingungen im Wettbewerb zwischen dem Schienen-, Straßen- und Luftverkehr fordert die »Allianz pro Schiene« von der künftigen Regierung. Das Bündnis aus Verbänden und Gewerkschaften stellte am Dienstag in Berlin sein Positionspapier »Fahrplan Zukunft« vor.

Zugleich rechneten die Vertreter der Branche mit den Versäumnissen der Großen Koalition ab. Der Schienenverkehr, der 50 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet und 580 000 Arbeitsplätze zählt, habe bei den meisten Politikern bisher ein Schattendasein gefristet.

Die Ungleichbehandlung der Verkehrsträger bewegt auch Bahnchef Rüdiger Grube. »Nirgendwo in Europa bezahlen die Eisenbahnen Stromsteuer«, aber in Deutschland zahle die Bahn 106 Millionen Euro Stromsteuer. Hinzu kämen demnächst jährlich 300 Millionen Euro aus dem Emissionshandel, rechnete Grube vor. Über die ungerechte Mehrwertsteurer und die Ökosteuer wollte er gar nicht erst reden. »Das transporteffizienteste und gleichzeitig umweltfreundlichste Verkehrsmittel, die Eisenbahn, bezahlt, demgegenüber Luftverkehr und Binnenschifffahrt weder Mineralöl- noch Ökosteuer.« Diese Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Schiene sei »absurd«. Grube führte weitere Lasten an: jährlich 700 Millionen Euro Zinsen sowie Investitionen in neue Fahrzeuge und Anlagen. »Irgendwo wird das Geld hergeholt«, spielte er auf künftige Fahrpreiserhöhungen an, über die er sich aber noch nicht konkret äußern wollte.

Auch der öffentliche Personennahverkehr fühlte sich von der bisherigen Koalition schlecht behandelt. »Wir sind unterfinanziert«, erklärte Claudia Langowsky vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen mit Verweis auf die Kürzung von Regionalisierungsmitteln um 2,8 Milliarden Euro. »Die Zuschüsse für die Mobilität der Bürger müssten bis 2019 jährlich um 2,5 Prozent dynamisiert werden und nicht nur um 1,5 Prozent, wie es die Vorgängerregierung versprach.« Klaus Baur von Bombardier Deutschland erinnerte daran, dass von den 500 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II lediglich zehn Millionen für den Schienenverkehr vorgesehen seien.

Die Allianz pro Schiene fordert eine Verdoppelung des Marktanteils der Schiene im Personenverkehr auf 15 Prozent bis zum Jahr 2020. Die Politik solle sich auf ein nationales CO2-Minderungsziel von 20 Prozent für den Verkehrssektor festlegen – als »absolutes Minimum«.

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