Auf schwieriger Mission

Hertha: Nach dem verpatzten Einstand trainiert Friedhelm Funkel nur mit dem halben Kader

  • Mark Wolter
  • Lesedauer: 3 Min.

Friedhelm Funkel hat viel Arbeit mit seinem Team vor sich, doch die steht erstmal hintenan. Der neue Trainer von Hertha BSC musste gestern gleich sieben Stammspieler in die Länderspielpause verabschieden, die bei der kuriosen 1:3-Heimniederlage am Sonntag auf dem Rasen standen. Gojko Kacar reist zur Nationalmannschaft nach Serbien, Maximilian Nicu nach Rumänien, Pal Dardai nach Ungarn, Adrian Ramos nach Kolumbien – denkbar ungünstig für den Coach, der erst am Freitag als Nachfolger des Schweizers Lucien Favre angetreten war.

In Einzelgesprächen will Funkel den verbliebenen Berlinern wieder Selbstvertrauen einhauchen. »Die Spieler, die hiergeblieben sind, möchte ich intensiv kennenlernen. Wir werden hart arbeiten, um Sicherheit zu gewinnen«, sagte Funkel am Montag. Den abgereisten Profis, die er vorerst nicht selbst wieder moralisch aufbauen kann, wünscht der 55-Jährige »hoffentlich positive Erlebnisse mit ihren Nationalmannschaften.«

Einem Daheimgebliebenen muss Funkel nach der Niederlage gegen Hamburg ganz besonders gut zureden: Ersatztorhüter Sascha Burchert. Der 19-Jährige erlebte nach der Einwechslung für den verletzten Timo Ochs sein Waterloo. Zweimal innerhalb von 100 Sekunden wollte der aus dem Strafraum gestürmte Schlussmann mit Hechtkopfbällen Konter der Hamburger stoppen, zweimal landeten die Bälle vor den Füßen der Gäste. Erst David Jarolim und dann Zé Roberto trafen aus rund 40 Metern ins leere Tor der Herthaner. In Internet-Videoportalen werden Burcherts kuriose Szenen sicherlich ein Renner, dem Tabellenletzten brachten sie die siebte Niederlage in Folge.

»Den Jungen trifft keine Schuld. Man muss mal eine Lanze für ihn brechen«, nahm Hamburgs Torwart Frank Rost den 17 Jahre jüngeren Burchert in Schutz, der in der zweiten Hälfte für jede gelungene Aktion vom Publikum beklatscht und nach dem Abpfiff an den Pressevertretern vorbei in die Kabine eskortiert wurde. »Wie er mit Häme bedacht wurde, war schon bitter«, meinte Rost und auch Herthas Trainer nahm den Jugendnationaltorhüter in Schutz. Das ganze Team sei zu unentschlossen zu Werke gegangen, sagte Funkel. Das zuvor erzielte Eigentor des Brasilianers Kaka habe der Mannschaft das Genick gebrochen.

Dabei hatte das Spiel für die Berliner und ihren neuen Trainer vielversprechend begonnen. Nach seinem frühen Tor war Arne Friedrich in die Ostkurve gelaufen, »um sich bei den Fans für die Unterstützung trotz der schwierigen Situation zu bedanken«. Um den Hertha-Kapitän hatte es in der letzten Woche viel Wirbel gegeben. Lokalblätter hatten ihm als vermeintlichen »Königsmörder« eine entscheidende Rolle bei der Entlassung Favres zugesprochen, Friedrich bestritt dies und versicherte Vereinstreue. »Arne identifiziert sich mit Hertha. Er ist ganz wichtig«, sagte Funkel, der einen selbstbewussten Kapitän braucht, »um die Stärken des Teams wieder heraus zu kitzeln«.

Bis zur Winterpause will der Trainer »den einen oder anderen Tabellenplatz gut machen«. Ein Ziel, das mit dem vorhandenen Personal möglich scheint – auch wenn Funkel sich bis Weihnachten einen Überblick verschaffen will, auf welchen Positionen er mit Manager Michael Preetz eventuell personell nachbessern kann. Schon jetzt wird über eine Verpflichtung des derzeit bei Schalke aussortierten Albert Streit spekuliert, den Funkel aus gemeinsamen Frankfurter Tagen kennt. »Noch ist es zu früh, darüber nachzudenken«, sagte Funkel. Nun zählt erstmal das das Kellerduell in zwei Wochen in Nürnberg. »Dort wollen wir unbedingt gewinnen.«

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