Koalition mit der Linkspartei?

Jochen Ott (SPD) über das Verhältnis seiner Partei zur LINKEN in NRW / Ott ist stellvertretender Landeschef der SPD in Nordrhein-Westfalen. Der Studienrat gilt als Befürworter rot-roter Bündnisse

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Herr Ott, kann die SPD in Nordrhein-Westfalen mit den LINKEN koalieren?
Ott: Eine Partei braucht eine Machtoption. In NRW gibt es zwei: die Ampel und Rot-Rot-Grün. Wenn es nach der Landtagswahl im kommenden Jahr nicht für Rot-Grün reicht, müssen wir uns entscheiden. Eine Zusammenarbeit mit der LINKEN ist also möglich. Mich wundert es, dass meine Position, die ich seit Jahren vertrete, erst seit den Bundestagswahlen in den Medien Beachtung findet.

Im Bund konnte die SPD ihren Wählern kaum eine Machtoption bieten und verlor. Sehen Sie einen Zusammenhang?
Die Bundespartei hatte in den letzten Monaten einen Abwehrkampf gegen Schwarz-Gelb geführt und konnte eigene Projekte kaum mehr vermitteln. Fairerweise muss man hinzufügen, dass eine Zusammenarbeit zwischen SPD und LINKEN auf Bundesebene wegen der programmatischen Differenzen in der Außenpolitik ungleich schwieriger ist.

Die bittere Niederlage der hessischen SPD-Chefin Andrea Ypsilanti dürfte allen Akteuren noch präsent sein. Ist eine Wiederholung dieses Scheiterns undenkbar?
Das kann man nicht vergleichen. Ypsilanti hat den Fehler gemacht, vor den Wahlen zu sagen, dass sie nicht mit der LINKEN zusammenarbeiten will. Nach den Wahlen hat sie eine Zusammenarbeit angestrebt. So darf man nicht vorgehen.

In der SPD in NRW gibt es keine Kanalarbeiter mehr?
Darum geht es nicht. Ich kann Ihnen sagen, wie die Stimmung an der Basis ist. Gestern tagte in Köln die SPD-Ratsfraktion zusammen mit den Mitgliedern aus den Bezirksvertretungen. Von den versammelten 70 Genossen gab es keinen, der eine andere Position zur Zusammenarbeit mit der LINKEN vertritt.

Was spricht noch gegen eine Koalition mit der LINKEN?
Es ist unklar, was die LINKE landespolitisch will. Es gibt von der Sprecherin und dem Sprecher der LINKEN unterschiedliche Signale. Wolfgang Zimmermann kann sich vorstellen, Hannelore Kraft zu wählen. Katharina Schwabedissen möchte lieber 100 Jahre in der Opposition bleiben. Vor der Wahl werden wir wissen, mit welchem Personal die LINKE antritt und ob sie Regierungsverantwortung übernehmen will.

Gibt es bei der LINKEN in NRW nicht zu viele ehemalige Mauerschützen?
Der wegen Beraterverträgen zurückgetretene Kölner CDU-Bürgermeister Josef Müller hat bei gemeinsamen Abstimmungen zwischen LINKEN und dem Bündnis aus SPD/Grünen im Rat von der »Zusammenarbeit mit den Mauerschützen« gesprochen. Damals fand ich das schon lächerlich. Die meisten LINKEN in Köln waren höchstens mal zu Besuch in der DDR. Viele sind so jung, dass sie sie noch nicht einmal erlebt haben. Der heutige Vorsitzende der LINKEN in Köln war Juso-Vorsitzender, als ich in die SPD eingetreten bin.

Nicht alle SPD-Landesverbände machen es sich so einfach mit der LINKEN. Wenn ich nach Thüringen oder ins Saarland schaue ...
Es gibt bei den älteren Mitgliedern sicher auch persönliche Schwierigkeiten mit der LINKEN. Das mag sich durch einen Generationswechsel verändern Außerdem geht es jeweils um die Situation vor Ort. Ich will ja auch nicht, dass andere Landesverbände sich bei uns einmischen. Wichtig bleibt doch der Satz von Willy Brandt, dass es in diesem Land eine linke Mehrheit geben kann.

Fragen: Lutz Debus

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