Ist Opel noch zu retten?

Beschäftigte sollen Steuern auf ihren Geldverzicht zahlen

  • Günter Frech
  • Lesedauer: 3 Min.
»New Opel« ist noch immer nicht in trockenen Tüchern. Neben den Bedenken aus Brüssel gibt es auch ein Problem im Prozedere um den Mitarbeiteranteil an dem Rettungsdeal.

Am Mittwoch vor einer Woche sollte der Teilverkauf von Opel von General Motors an Magna/Sberbank besiegelt werden. Seither wird die Unterzeichnung täglich verschoben. Wurden zunächst noch Übersetzungsprobleme als Grund der Verzögerung genannt, müssen jetzt Bedenken von EU-Wettbewerbskommissarin Neele Kroes ausgeräumt werden.

Die Wettbewerbshüterin möchte von den Vertragsparteien wissen, ob die Entscheidung für das österreichisch-russische Konsortium frei von politischem Druck durch die Bundesregierung gefallen sei. Bislang konnte diese die Bedenken nicht ausräumen. Und ohne Rechtssicherheit ist GM nicht zur Vertragsunterzeichnung bereit, heißt es aus Verhandlungskreisen.

Doch auch die Ausgestaltung des Beitrages der Opel-Beschäftigten zur Rettung des Konzerns ist noch nicht in trockenen Tüchern. Hier verhandelt der Konzernbetriebsrat von Opel mit Vertretern von Magna. Solange dieser Punkt nicht geklärt ist, verweigern die Arbeitnehmervertreter ihre Zustimmung zur Vertragsunterzeichnung.

Um Opel zu retten, sind die Beschäftigten bereit, deutliche Abstriche bei den Löhnen zu machen. Dazu gehört der Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld und andere tarifliche Leistungen bis vorerst Ende 2012, dann soll der Flächentarifvertrag wieder in Kraft treten. Als »Gegenleistung« erhält die Belegschaft zehn Prozent Eigentumsanteil, der in einer Beteiligungs GmbH eingebracht werden soll. An allen europäischen Opel-Standorten sollen so 265 Millionen Euro aufgebracht werden, der Anteil der vier deutschen Standorte beträgt etwa 177 Millionen Euro.

Das Problem bei dem Prozedere ist, dass die von den Opelanern aufgebrachten Beträge nicht einfach gestrichen werden, sondern formell auf dem Lohnzettel bestehen bleiben sollen. So könnten die Opel-Betriebsräte immer exakt nachweisen, welche Summe die Beschäftigten dem Konzern zur Verfügung stellen. Allerdings müssten die Opelaner für den Gesamtbetrag, der auf ihrem Lohnzettel steht – also auch für das, was sie an Verzicht dem Unternehmen zur Verfügung stellen – Steuern zahlen.

Dagegen wehrt sich nun der Konzernbetriebsrat und verlangt vom Käuferkonsortium, sie sollen die steuerliche Mehrlast der Beschäftigten übernehmen. In einem Zeitungsinterview sagte der Bochumer Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel, damit klar sei, »dass wir unsere Ansprüche grundsätzlich aufrechterhalten, dürfen die Leistungen nicht gestrichen werden, sondern müssen zumindest theoretisch fortbestehen«. Und auf keinen Fall dürfe es sein, »dass die Beschäftigten für ein Einkommen Steuern zahlen müssen, das sie in dieser Höhe gar nicht haben«.

Aufgrund der erneuten Hängepartie um die Opel-Rettung sieht die IG Metall derzeit von einer Stellungnahme ab. Doch an Zwischentönen ist zu hören, dass sehr wohl die Angst umgeht, alles müsse wieder zurück auf Los. An das »Quelle-Schicksal« möchte man schon gar nicht denken.

Unterdessen sagte die Industrieexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Lötzer, nun räche sich, dass die Bundesregierung Steuergelder in Milliardenhöhe für die Opel-Rettung ausgebe, »eine öffentliche Beteiligung und Mitbestimmung aber strikt ablehnt«. Die frühere Befürchtung der LINKEN, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verschiebe alle Opel-Probleme auf die Zeit nach der Bundestagswahl, bestätige sich jetzt. »Die wirtschaftspolitische Ahnungslosigkeit zu Guttenbergs, gepaart mit seiner ideologischen Verbohrtheit, kostet Tausende Industriearbeitsplätze in Europa. Die Chance für einen zukunftsweisenden Umbau von Opel wurde von ihm verspielt.«

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