Klimaschutz spaltet US-Wirtschaft

Immer mehr Großunternehmen verlassen die mächtige Handelskammer

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
Die USA werden grün. Nur der mächtigste Wirtschaftsverband des Landes, die Handelskammer, macht Stimmung gegen eine wirksame Klimaschutzgesetzgebung. Viele Unternehmen treten deshalb aus dem Verband aus.

Große amerikanische Firmen wie Apple, der Jeans-Hersteller Levi Strauss, der Papierhersteller Mohawk Fine Papers und der Energiegigant Pacific Gas & Electric Company werden »grün«. Sie bereiten damit der Führung der US-Handelskammer Kopfzerbrechen, die bisher eine der mächtigsten Stimmen gegen die von Präsident Barack Obama geplante wirksame Klimaschutzpolitik ist.

»Wir sind strikt gegen die jüngsten Äußerungen der Kammer, die sich gegen die Bemühungen der (Umweltschutzbehörde) EPA wandte, den Ausstoß von Treibhausgasen zu beschränken«, begründete Apple-Vizepräsidentin Catherine Novelli in einem Brief den Austritt aus der Kammer. Seit Kurzem veröffentlicht die kalifornische Computerfirma monatlich ihre Kohlenoxid-Emissionen im Internet.

Man wolle Verantwortung übernehmen für mehr als die Hälfte der geschätzten rund 10 Millionen Tonnen an den Emissionen, die von den Verbrauchern bei der Nutzung der Produkte erzeugt werden, schrieb Apple.

Apples Kammer-Austritt bewog die New Yorker Theatergruppe »Yes Men«, eine Pressekonferenz einzuberufen. Dort verteilten die Politaktivisten gefälschte Erklärungen mit dem Briefkopf der Kammer, auf denen diese sich für Obamas Klimagesetze aussprach. »Diese unverantwortlichen Taktiken sind eine dümmliche Ablenkung von den ernsthaften Bemühungen unserer Nation, die Treibhausgase zu reduzieren«, kommentierte Kammer-Präsident Thomas Donahue die Aktion und kündigte juristische Schritte an.

Die Reaktion zeigt, unter welch enormen Druck die Kammer steht. Die Umweltbehörde hat kürzlich strengere Vorschriften für Kraftwerke erlassen und der US-Kongress debattiert die Einführung eines Emissionshandelssystems, wie es in Europa existiert. Dies soll die weniger Schadstoffe emittierenden Unternehmen belohnen, wogegen die Luftverschmutzer sich für teures Geld Emissionsrechte dazukaufen müssen.

Die Handelskammer hat rund drei Millionen Firmen als Mitglieder. Jährlich gibt sie fast 100 Millionen Dollar für ihre Lobby-Arbeit aus. Sie hat sich zwar mit der Abgasreduzierung im Grundsatz einverstanden erklärt, ist aber gegen eine ganze Reihe von geplanten Regelungen, etwa die Einführung des Emissionshandels. Eine Haltung, die in jüngster Zeit von einigen der wichtigsten Kammer-Mitglieder kritisiert wurde. Vier große Energieversorger kündigten allein im vergangenen Monat ihre Mitgliedschaft auf. »Wir finden es erschreckend, dass die Kammer die unbestreitbare Tatsache leugnet, dass die entscheidende Mehrheit der Experten die Daten über Erderwärmung für überzeugend hält und als eine Bedrohung ansieht, die nicht ignoriert werden darf«, erklärte Jim Rogers, Generaldirektor von Duke Energy aus North Carolina. Der Sportartikelhersteller Nike bleibt zwar Mitglied, hat aber auf seinen Sitz in der Kammer verzichtet, Johnson&Johnson und General Electric erklärten, dass die Kammer in Sachen Klimawandel nicht die Meinung ihrer Konzernführungen wiedergebe.

Der Verband reagiert empört auf den Druck. Geschäftsführer David Chavern beschwerte sich in einem Rundbrief an die Regional-Kammern darüber, dass Umweltschützer, Anwälte und andere sich unzulässig in die inneren Angelegenheiten der Kammer einzumischen versuchten. »Interessengruppen versuchen uns mit dem Hebel der Öffentlichkeit zu zwingen, etwas gegen die Wahrung der Interessen der Wirtschaft zu unternehmen«, schrieb Chavern.

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