Die Rechtsänderungen für Datschengrundstücke im Überblick (I)
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Auch der Bundesrat konnte (bzw. wollte) das Änderungsgesetz zum Schuldrechtsanpassungsgesetz, das den Bundestag bereits am 22. Februar 2002 passiert hatte (der ND-Ratgeber berichtete am 27. Februar 2002 in Nr. 528) nicht stoppen. Nun ist nach der Ausfertigung und Veröffentlichung vom In-Kraft-Treten am 1. Mai 2002 auszugehen. Auf Grund der durch zahlreiche Diskussionen im Vorfeld entstandenen Unsicherheiten sollen die Neuregelungen in mehreren Folgen vorgestellt werden.
Das Gesetz dient vor allem der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes in seinem Beschluss vom 14. Juli1999, und zwar in folgenden Punkten:
- Das Bundesverfassungsgericht hatte gefordert, dass eine Regelung geschaffen werden muss, die eine angemessene Beteiligung der Nutzer an den öffentlichen Lasten sichert, die auf dem kleingärtnerisch genutzten (außerhalb von Kleingartenanlagen) bzw. Erholungs- oder Freizeitgrundstück ruhen, und zwar auch rückwirkend.
- Das Bundesverfassungsgericht hatte beanstandet, dass durch die Kündigungsschutzregelungen dem Eigentümer von besonders großen Erholungs- und Freizeitgrundstücken nicht die Möglichkeit einer Teilkündigung eröffnet wurde, soweit dadurch nicht nachhaltig Nutzerinteressen oder Gemeinwohlbelange beeinträchtigt werden.
Die Regelungen waren zeitlich überfällig, da das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine Frist zur gesetzlichen Umsetzung bis zum 30. Juni 2001 gesetzt hatte.
Der Gesetzgeber hat aber nicht nur die Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt, sondern weitere Regelungen getroffen, insbesondere ein subsidiäres Teilkündigungsrecht für den Nutzer geschaffen.
Letztlich wurden klarstellende Änderungen in die Nutzungsentgeltverordnung eingefügt, Vergleichbarkeitskriterien zur Ermittlung des ortsüblichen Nutzungsentgeltes deutlicher gefasst und die wichtigsten Möglichkeiten der Begründung der Entgelterhöhung in der Verordnung explizit genannt.
1. Es erfolgt eine Klarstellung in § 14 SchuldRAnpG, der bei vorzeitiger Kündigung das Grundstückseigentümers vor Ablauf der Kündigungsschutz diesen verpflichtet, die dem Nutzer hierdurch entstehenden Vermögensnachteile (neben der Entschädigung für das Bauwerk) zu ersetzen. Diese Regelung sollte nach dem Bundesverfassungsgericht nur dann gelten, wenn der Eigentümer aus der Kündigung tatsächlich einen wirtschaftlichen Vorteil erzielt, weil er das Grundstück zur Bebauung verkaufen oder zu einem investiven Zweck verwenden kann, nicht wenn er eine Eigennutzung beabsichtigt und vornimmt.
Die Neuregelung hat durch eine Ergänzung im Wortlaut klargestellt, dass eine Entschädigung für Vermögensnachteile nur dann in Betracht kommt, wenn das Grundstück zu investiven Zwecken verwendet oder einer einem Bebauungsplan entsprechenden Nutzung zugeführt wird (Fälle des § 23 Abs. 2 Nr. 2 und § 23 Abs. 6 Satz 3 SchuldRAnpG).
Diese Änderung wird kaum Beachtung finden, da in der Praxis der § 14 SchuldRAnpG auch bisher ohnehin schwer handhabbar und von verschwindend geringer Relevanz war.
2. Neueinfügung eines § 20 a im SchuldRAnpG - Beteiligung des Nutzers an öffentlichen Lasten mit folgenden Kernpunkten:
- Es erfolgt eine Beteiligung des Nutzers an öffentlichen Lasten differenziert für einerseits regelmäßig wiederkehrende öffentliche Lasten, andererseits einmalige öffentliche Lasten.
- § 20 a Abs. 1 SchuldRAnpG-neu: Umlage wiederkehrender öffentlicher grundstücksbezogener Lasten. Künftig anfallende wiederkehrende öffentliche Lasten können ab In-Kraft-Treten des Gesetzes im vollen Umfang auf den Nutzer umgelegt werden. Zu diesen Lasten zählen die Grundsteuer sowie grundstücksbezogene Benutzungsgebühren, wie Abfall-, Abwasser-, Wasser- und Straßenreinigungsgebühren, die nunmehr auf den Nutzer umgelegt werden können, soweit der Grundstückseigentümer Abgabepflichtiger ist und als solcher in Anspruch genommen wird. Umlegbar sind alle wiederkehrenden öffentlichen Lasten, die nach Ablauf des 30. Juni 2001 für das genutzte Grundstück angefallen sind.
- § 20 a Abs. 2 SchuldRAnpG-neu: Beteiligung an einmalig erhobenen Beiträgen und Abgaben. Der Grundstückseigentümer kann verlangen, dass sich der Nutzer bis zur Hälfte an grundstücksbezogenen einmalig erhobenen Beiträgen und sonstigen Abgaben beteiligt. Dies betrifft Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz, wie Anschluss- und Straßenbaubeiträge, aber auch Erschließungsbeiträge nach § 127 ff. BauGB und Ausgleichsbeträge nach §§ 154 f. BauGB.
Nach der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes gilt dies auch für Beiträge und Abgaben dieser Art, die vor dem In-Kraft-Treten dieser Vorschrift, jedoch nach dem 3. Oktober 1990 angefallen sind, und zwar bei Grundstücken außerhalb von Kleingartenanlagen, die zu kleingärtnerischen Erholungs- oder Freizeitzwecken genutzt werden. Das Gesetz enthält einen Modus, wonach von diesem hälftig zur Erstattung möglichen Betrag jährlich nur ein Teilbetrag in Höhe von zehn Prozent fällig wird, wobei der Nutzer diese Teilbeträge nur solange schuldet, wie das Vertragsverhältnis besteht. Schlimmstenfalls zahlt der Nutzer also über einen Zeitraum von zehn Jahren einen Betrag zusätzlich zum laufenden Nutzungsentgelt. Fällig sollen diese Teilbeträge erst zum Ende des jeweiligen Pachtjahres sein.
3. Einführung einer Teilkündigungsregelung in § 23 a SchuldRAnpG-neu:
a) Die Neuregelung geht zunächst von einem primären Teilkündigungsrecht des Eigentümers mit folgenden Eckpunkten aus:
- Der Eigentümer erhält das Recht zur Teilkündigung, wenn die vertraglich genutzte Fläche größer als 1000 Quadratmeter ist. Dem Nutzer müssen jedoch mindestens 400 Quadratmeter verbleiben, und er muss die bisherige Nutzung ohne zumutbare Einbußen fortsetzen können.
Mit der Einschränkung des räumlichen Umfanges der Nutzung beim Nutzer anfallende notwendige Aufwendungen muss der Eigentümer dem Nutzer ersetzen.
- Der Nutzer ist zur Duldung solcher Einwirkungen verpflichtet, die zur zulässigen Nutzung der gekündigten Teilfläche durch den Eigentümer oder einen berechtigten Dritten erforderlich werden.
b) Der Nutzer erhält ein subsidiäres Teilkündigungsrecht dann, wenn der Eigentümer sein Teilkündigungsrecht (die vorgenannten gesetzlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein) trotz entsprechender Aufforderung nicht innerhalb einer Sechs-Monats-Frist nach Aufforderung durch den Nutzer ausübt, der Nutzer sich dann zur Teilkündigung innerhalb einer weiteren Drei-Monats-Frist entscheidet und die Fortsetzung des unveränderten Nutzungsrechtes für den Nutzer ansonsten zu einer unzumutbaren Härte führen würde. Eine solche soll nach der Gesetzesbegründung insbesondere dann vorliegen, wenn der Nutzer alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten zur Bewirtschaftung des Grundstückes in der Lage ist. Finanzielle Belange sollen die Unzumutbarkeit der weiteren Nutzung nur in besonderen Ausnahmefällen begründen können.
Bei Ausübung des Teilkündigungsrechtes soll dem Eigentümer ein Aufwendungsersatzanspruch für Aufwendungen infolge der räumlichen Einschränkung der Nutzung zustehen.
Im Ergebnis werden wohl nicht nur die vorgenannten formellen Voraussetzungen, sondern auch die möglichen finanziellen Folgen bei Ausspruch einer Teilkündigung dazu führen, dass eher verhalten von einem Teilkündigungsrecht Gebrauch gemacht werden wird.
4. Änderungen der Nutzungsentgeltverordnung:
a) In § 3 Abs. 2 Nutzungsentgeltverordnung (NutzEV) werden nunmehr die Vergleichbarkeitskriterien für den Vergleich von Grundstücken bei Ermittlung der Ortsüblichkeit im Vergleichswertverfahren genannt, und zwar soll es sich um Grundstücke vergleichbarer Art, Größe, Beschaffenheit und Lage handeln.
b) In § 6 Abs. 1 NutzEV wird nochmals klargestellt, dass die Erhöhungserklärungen in Textform zu erfolgen haben und zu begründen sind. Es werden, um Unklarheiten künftig zu vermeiden, diejenigen Hilfsmittel zur Begründung des Erhöhungsverlangens aufgeführt, derer sich der Grundstückseigentümer zweckmäßigerweise hauptsächlich bedienen soll, und zwar
- ein Gutachten des Gutachterausschusses oder eine Auskunft des Gutachterausschusses über die im Geschäftsbereich vereinbarten Entgelte nach § 7 NutzEV,
- ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen,
- entsprechende Entgelte für die Nutzung einzelner vergleichbarer Grundstücke, wobei die Benennung von drei Grundstücken genügt.
Auch diese aufgeführten Hilfsmittel sind jedoch nicht abschließend zu verstehen, andere zweckmäßige Hilfsmittel sind aber schwerlich vorstellbar, um die Anforderungen an die Begründung zu erfüllen. Der Kreis der Begründungsmittel soll jedenfalls nach den Vorstellungen des Gesetzgebers trotz der ausdrücklichen Nennung im Gesetz nicht begrenzt werden.
FRANK AUERBACH,
Rechtsanwalt,
Dr. Arzinger & Partner
(In einem weiteren Teil sollen die Regelungen zur Teilkündigung und der Umlagemöglichkeit der öffentlichen Lasten näher erläutert werden.)
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