Gipfelritual

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist schon zu einem Ritual geworden: Kaum hat das Wintersemester begonnen, rumort es an den deutschen Hochschulen (Phase eins). Das Ritual bleibt aber keinesfalls auf die Studierenden beschränkt, es kennt noch andere Akteure: Zum einen die Bildungspolitiker, die gebetsmühlenartig erklären, die Studentinnen und Studenten hätten ja recht mit ihrer Kritik an den schlechten Studienbedingungen, zum anderen die Hochschulleitungen, die den Protestierenden anerkennend auf die Schultern klopfen und sie darin bestärken, von der Politik mehr Geld für die Hochschulen zu fordern (Phase zwei). Das rituelle Klagelied endet in der Regel in einem Bildungsgipfel (Phase drei), auf dem viel versprochen wird – um hernach das meiste davon wieder von den Finanzpolitikern als »nicht finanzierbar« erklären zu lassen.

Auch die aktuellen Uni-Proteste stellen keine Ausnahme dar. Derzeit sind wir noch in der Phase des Verständnisheuchelns. Peter Strohschneider, Chef des Wissenschaftsrats, räumte jetzt ein, bei der Einführung der Bachelor-Studiengänge seien »handwerkliche Fehler« gemacht worden. Und der amtierende Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Henry Tesch (Mecklenburg-Vorpommern, CDU), zeigt »Verständnis« für die Anliegen der protestierenden Studierenden.

Phase drei ist derzeit in Vorbereitung: Bundesbildungsministerin Schavan will sich demnächst mit ihren Länderkollegen treffen. Da ist der nächste Gipfel nicht mehr weit. So stößt man nicht nur junge Menschen vor den Kopf, so raubt man diesem Land auch seinen wertvollsten Rohstoff: die Bildung!

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