Boykott von Kinderarbeit greift zu kurz

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich steht es außer Frage: Waren aus Kinderarbeit müssen boykottiert werden. Das sieht auch Terre des hommes so, und dennoch hat das Kinderhilfswerk sich gegen einen staatlichen Boykott von Waren aus Kinderarbeit ausgesprochen. Was widersprüchlich klingt, ist eine logische Konsequenz aus der normativen Kraft des Faktischen: Insgesamt sind laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 317 Millionen Kinder erwerbstätig. 217 Millionen dieser Kinder benennt die ILO als Kinderarbeiter, das heißt, diese Kinder arbeiten regelmäßig mehrere Stunden. Darunter sind wiederum 126 Millionen, die unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, wie sie die ILO-Konvention von 1999 untersagt, etwa Sklaverei und Schuldknechtschaft und alle Formen der Zwangsarbeit.

Gegen die von der Konvention geächteten Tätigkeiten darf es keinerlei Toleranz geben, weder im Süden noch seitens des Nordens, der als Abnehmer etwa von Natursteinen aus Kinderhand eine unrühmliche Rolle spielt.

Terre des hommes weist jedoch zurecht darauf hin, dass es unterschiedliche Kategorien von Kinderarbeit gibt, die es differenziert zu behandeln gilt. Insofern reicht die schlichte Forderung nach einem Boykott von Waren aus Kinderarbeit nicht aus. Kurzfristig kann es nur darum gehen, Arbeit und Bildung nicht gegeneinander auszuspielen und die Selbstorganisation und Mitsprache der Kinder bei der Problemlösung zu fördern. Langfristig wird nur eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung dem sozialen Missstand Kinderarbeit Abhilfe schaffen können. Bis dahin ist es an den Unternehmen und an den Konsumenten, darauf zu achten, dass ihre Zulieferketten beziehungsweise Produkte auf »frei von Kinderarbeit« geprüft sind. Und an den Staaten, Verstöße gegen die Konvention zu ahnden.

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