»Momentan ist keiner in Sicht«

Bei der 58. Vierschanzentournee kommen die Favoriten erneut nicht aus Deutschland

  • Eric Dobias, dpa
  • Lesedauer: 4 Min.

Ein alter Hase und ein junger Hüpfer sind die Hoffnungsträger der deutschen Skispringer auf der Jagd nach Podestplätzen bei der 58. Internationalen Vierschanzentournee. Ein Jahr nach seinem glanzvollen Comeback will Vizeweltmeister Martin Schmitt gemeinsam mit seinem Zimmerkollegen Pascal Bodmer wieder zum Höhenflug ansetzen und die Fans in den Stadien zu Jubelstürmen hinreißen. »Natürlich hat man im Hinterkopf noch den Traum, bei der Tournee einmal ganz oben zu stehen. Aber im Moment bin ich davon ein gutes Stück weg«, warnte Schmitt jedoch vor zu großen Erwartungen.

Bundestrainer Werner Schuster schätzt die Lage vor der heute mit der Qualifikation beginnenden Traditionsveranstaltung realistisch ein. »Es ist momentan keiner in Sicht, der wirklich um den Tourneesieg springen kann«, sagte der Coach. Wie die meisten Experten erwartet er im Kampf um den Gesamtsieg ein Duell zwischen Österreichs Jahrhunderttalent Gregor Schlierenzauer und dem Schweizer Überflieger Simon Ammann.

Seinen Schützlingen traut Schuster das eine oder andere Highlight auf den vier Stationen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen zu. »Wichtig wird sein, dass der Funke vor heimischer Kulisse überspringt und wir richtig gut aus den Startlöchern kommen«, formulierte er das Ziel für das Auftaktspringen am Dienstag.

Der späte Beginn um 16.30 Uhr kommt vor allem Schmitt und Bodmer gelegen, die bekennende Langschläfer sind. »Wir liegen beide gerne mal länger im Bett«, berichtete Bodmer. Im Wettkampf will sich das auch abseits der Schanzen gut harmonierende Duo dann ausgeschlafen zeigen. »Mein Anspruch ist es nicht mehr, nur dabei zu sein. Um ganz vorne reinzuspringen, muss ich meine Topleistung abrufen. Wofür es dann reicht, muss man abwarten«, meinte Bodmer.

Um den ohnehin schon großen Druck auf Bodmer ein wenig herauszunehmen, hat der Bundestrainer dem 18-Jährigen einen Freifahrtschein für die Tournee ausgestellt. »Pascal würde ich einfach mal springen lassen, auch wenn er im Moment vom Potenzial her der stärkste Deutsche ist. Ich würde mich riesig freuen, wenn er für ein Highlight sorgt und ihm auf die Schulter klopfen, wenn er mal daneben haut«, erklärte Schuster.

Die gestandenen Athleten wie Schmitt oder auch Michael Uhrmann nimmt er dagegen in die Pflicht. »Die haben genug Routine, genug Klasse, um speziell in Oberstdorf einen guten Auftakt zu liefern. Die Schanze mögen sie ganz gerne«, sagte Schuster. Im Vorjahr hatte Schmitt im Allgäu mit Rang fünf überzeugt und später als Dritter in Innsbruck seine achtjährige Abstinenz auf dem Tournee-Podium beendet. »Ich bin auf einem guten Weg. Wie lange es braucht, bis ich das höchste Niveau in meinen Sprüngen erreiche, wird man sehen. Das kann schnell gehen oder auch länger dauern«, meinte der 31-Jährige.

Schmitt nimmt sich dabei ein Vorbild an seinem jungen Zimmerkollegen. »Pascal hat im Moment so eine Ruhe, konzentriert sich aufs Wesentliche. Gerade wenn es mal nicht so läuft, kann man sich daran hochziehen. Es bringt nichts, wenn ich mir noch fünf Stunden Gedanken mache, was ich noch besser machen kann«, meinte der viermalige Weltmeister von 1999 und 2001.

Im Gegenzug will Schmitt dem Youngster auf der zehntägigen Stress-Tour mit all seiner Routine zur Seite stehen. »Es ist jetzt auf ihn viel eingestürzt, und man unterhält sich darüber. Da kann ich ihm vielleicht das ein oder andere sagen, auf was er sich vorbereiten soll«, meinte Schmitt. Den wichtigsten Tipp für Bodmer gab es schon vor dem Auftakt: »Er muss nicht um den Tourneesieg mitspringen, sondern einfach schauen, dass er das Ganze genießt und nicht als Last empfindet.«

Tournee-Zeitplan

1. Springen Oberstdorf
28. Dezember: 16.30 Uhr Qualifikation (live ARD). 29. Dezember: 16.30 Uhr 1. Wertungsspringen (live ARD) auf der Schattenbergschanze. Schanzenrekord: Sigurd Pettersen (Norwegen) 143,5 m.

2. Springen Garmisch-Partenkirchen
31. Dezember: 13.45 Uhr: Qualifikation (live ZDF). 1. Januar: 14 Uhr: 2. Wertungsspringen (live ZDF) auf der Olympiaschanze. Schanzenrekord: Gregor Schlierenzauer (Österreich) 141 m.

3. Springen Innsbruck
2. Januar: 13.45 Uhr: Qualifikation (live ZDF). 3. Januar: 13.45 Uhr: 3. Wertungsspringen (live ZDF) auf der Bergiselschanze. Schanzenrekord: Adam Malysz (Polen) 136 m.

4. Springen Bischofshofen
5. Januar: 16.30 Uhr: Qualifikation (live ARD), 6. Januar: 16.30 Uhr: 4. Wertungsspringen (live ARD) auf der Paul-Außerleitner-Schanze. Schanzenrekord: Daiki Ito (Japan) 143 m.

Rangliste der Gesamtsieger


(Siege, zweite und dritte Plätze)
1. Janne Ahonen, Finnland 5 2 2
2. Jens Weißflog, DDR/BRD 4 4 1
3. Björn Wirkola, Norwegen 3 2 1
4. Helmut Recknagel, DDR 3 0 0
5. Matti Nykänen, Finnland 2 2 1
6. Andreas Goldberger, Öst 2 1 1
7. Jochen Danneberg, DDR 2 0 1
8. Veikko Kankkonen, Finnland 2 0 0
Hubert Neuper, Österreich 2 0 0
Ernst Vettori, Österreich 2 0 0
11. Eino Kirjonen, Finnland 1 3 0
12. Jiri Raska, CSSR 1 2 0
Sven Hannawald, BRD 1 2 0

Weitere deutsche Tourneegewinner:

15. Hans-G. Aschenbach, DDR 1 1 0
18. Dieter Thoma, BRD 1 0 2
19. Max Bolkart, BRD 1 0 1
23. Horst Queck, DDR 1 0 0
Rainer Schmidt, DDR 1 0 0
Manfred Deckert, DDR 1 0 0

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