Pakistans Glaubenskrieger nicht geschwächt

Nach Neujahrsanschlag über 100 Tote / »Daily Times«: Extremisten schlagen noch wütender zurück

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei dem Sprengstoffanschlag vom Neujahrstag in dem nordwestpakistanischen Dorf Shah Hasan Khel sind laut Polizeiangaben vom Sonntag 105 Menschen getötet worden. Mehr als 80 Verletzte befanden sich noch in medizinischer Behandlung. 41 Verdächtige wurden festgenommen.

Ein Selbstmordattentäter hatte sich während eines Volleyballspiels unter die Zuschauer gemischt und einen Sprengsatz gezündet. Nach Medienberichten sind unter den Toten auch zahlreiche Kinder. Das Dorf liegt im Distrikt Lakki Marwat, der an die Region Süd-Waziristan grenzt. Dort tobt seit Oktober 2009 eine Militäroffensive gegen die Taliban und mit ihnen verbündete Stammesmilizen. Dabei wurden nach Angaben der Armee bislang mehr als 600 Extremisten getötet.

Die pakistanische Zeitung »Daily Times« konstatierte unterdessen, trotz der Offensive gebe es kein Zeichen von Schwäche der »Dschihadi« (Glaubenskrieger). Diese würden ganz im Gegenteil noch wütender zurückschlagen.

Die Einwohner von Shah Hasan Khel hatten ein lokales Friedenskomitee gebildet und eigene Milizen gegen die Taliban aufgestellt. Das Blutbad auf dem Sportplatz könnte eine Reaktion auf den Selbstschutz der Dörfler gewesen sein. Dennoch erklärte Raham Dil Khan, ein Mitglied des Komitees: »Wir wehren uns weiter gegen jede Form von Terrorismus und werden unsere Arbeit trotz des schrecklichen Verlustes fortsetzen. Wir werden uns diesen Feiglingen nicht beugen.«

Die militanten Extremisten knüpfen mit dem Massaker vom Neujahrstag nahtlos an ihre Anschlagsserie vom vorigen Jahr an. Kurz nach Weihnachten hatte ein Attentäter in Karatschi mitten in einer religiösen Prozession eine Bombe gezündet und 43 Menschen mit in den Tod gerissen. Dies löste Unruhen und ungezügelte Gewalttätigkeiten im Zentrum der 18-Millionen-Metropole aus. Rund 500 Geschäfte und Lagerräume sowie 60 Fahrzeuge gingen in Flammen auf. Faruk Sattar, Chef der in Karatschi regierenden Partei Muttahida Qaumi Movement, teilte mit, in den letzten zwei Jahren seien in der Hafenstadt 30 Gruppen mit terroristischem Hintergrund unschädlich gemacht worden. Im Oktober 2009 war in Peshawar eine Autobombe explodiert, die 125 Menschen tötete. Im Oktober 2007 bei der Rückkehr Benazir Bhuttos aus dem Exil waren auf einer Massendemonstration durch mehrere Sprengsätze 170 Menschen ums Leben gekommen. Seit Juli 2007, so zeigt die Horrorbilanz, wurden durch solche Attentate landesweit 2880 Pakistaner, überwiegend Zivilisten, umgebracht.

Die »Daily Times« schrieb am Sonntag, die Militanten wollten Pakistan zu einem Land machen, wo es keinerlei Sicherheit mehr gibt. Sie hätten dieses Ziel international bereits erreicht: »Die UNO zieht die Mehrzahl ihres Personals aus Pakistan ab. Eine große Anzahl von Mitarbeitern von Hilfsorganisationen, Lehrer, Geschäftsleute und technische Experten, die hier arbeiteten, reisten ab. Kein internationales Sport- oder Kulturereignis findet in nächster Zeit in Pakistan statt. All das wirkte sich negativ auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens aus. Im Sicherheitsapparat, in den Medien, der politischen Elite wie auch in der allgemeinen Öffentlichkeit darf kein Zweifel darüber bestehen, dass die Selbstmordattentäter Feinde Pakistans sind. Sie müssen ausgelöscht werden, indem wir eine gemeinsame Front bilden.«

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