Goldene Zukunft für die braune Bohne

Kakaopreise auf dem Weltmarkt steigen weiter / Biokakao besonders gefragt

  • Knut Henkel, San José de Apartadó
  • Lesedauer: 3 Min.
Kakao ist so teuer wie seit dreißig Jahren nicht mehr. Grund dafür ist die hohe Nachfrage, der ein Ernterückgang gegenübersteht. Für Kleinbauern und Genossenschaften, die ihre Bohnen direkt verkaufen, ist es der Zeitpunkt, Geld zu verdienen und überalterte Plantagen zu erneuern.
Javier Sánchez pflückt eine der gelb-orange leuchtenden Schoten vom Baum und zerteilt sie mit der Machete. Das weiße Fruchtfleisch wird sichtbar und darin – säuberlich aufgereiht wie in einer Erbsenschote – die weiß schimmernden Kakaobohnen. »Die Schote ist noch nicht reif«, erklärt der Biobauer, nimmt einen Kern und steckt ihn in den Mund. Süßlich schmeckt der Kern und nicht bitter-aromatisch wie das fertige ungesüßte Kakaopulver.

Zwei Monate brauchen die Schoten noch bis zur Ernte, schätzt der kolumbianische Kakaobauer aus der Friedensgemeinde von San José de Apartadó. Normalerweise wird in der Region bereits ab Ende Oktober bis Ende Dezember geerntet. Doch in diesem Jahr ist alles anders. »Im vergangenen Frühjahr war es deutlich feuchter und kühler, deshalb verschimmeln immer wieder Schoten am Ast«, erklärt Anibal Durango. Der kräftige, klein gewachsene Mann mit dem Cowboyhut ist überzeugter Biobauer und hat sich vor zehn Jahren für die Zertifizierung der Anbauflächen ausgesprochen. Eine Entscheidung, die den Bauern der Gemeinde heute zugute kommt, denn der Absatz der Biobohnen ist gesichert, der Preis liegt über dem Weltmarktniveau Die Perspektiven wären exzellent, wenn die Ernte nicht so schlecht wäre. »Um mindestens zwanzig Prozent wird sie im Vergleich zum Vorjahr einbrechen«, schätzt Durango.

Das ist eine schlechte Nachricht für gepa, das Fair Trade-Handelshaus in Wuppertal. Die hat nämlich die »Choco de Paz«, die Friedensschokolade, im Angebot und weniger Kakao heißt auch weniger Schokolade. Ein Problem der gesamten Branche, das sich in höheren Preisen niederschlägt.

Kakao ist derzeit so teuer wie seit über dreißig Jahren nicht mehr – über 2500 Euro kostet die Tonne bereits. Selbst als die Rohwarenpreise Ende 2008 weltweit abrutschten, blieb der Kakaopreis auf hohem Niveau, weil die Produktion mit der Nachfrage seit Längerem nicht Schritt hält. Zudem ist die Produktivität vieler Plantagen in der Elfenbeinküste, dem wichtigsten Produzenten, gesunken. Die Überalterung der Plantagen ist ein wichtiger Grund.

Damit kämpfen auch die Bauern in San Jose de Apartadó, denn der Ertrag der Kakaobäume nimmt ab, wenn diese älter als 20 Jahre sind. Angesichts niedriger Preise in den 1990er Jahren und zu Beginn des Jahrtausends hatten die Bauern kaum finanziellen Spielraum für die Erneuerung ihrer Plantagen. Nun kommt es zu Ernte- und Qualitätsproblemen. Logische Folge ist, dass sich die Abnehmer um ein knappes Gut balgen und der Weltmarktpreis steigt.

Besonders hoch ist die Nachfrage nach Bio- und Fair Trade-Kakao. Immer mehr Anbieter merken, dass sich faire Produkte besser verkaufen. Nestlé, alles andere als ein Vorreiter in Sachen fair und öko, verkauft seinen »Kit Kat«-Rie- gel in Großbritannien nur noch in der Fair-Trade-Variante. Konkurrent Mars zieht nach und will bis 2020 sämtliche Schokoriegel nach Kriterien des fairen Handels zertifizieren lassen. Für die Bauern eine gute Nachricht – zumindest dann, wenn sie organisiert sind und ihr Produkt selbst vermarkten.

In San José de Apartadó ist das längst der Fall. Da spart man den Preisaufschlag für die Fair Trade-Ware und die Biozertifizierung und will in die Plantagen investieren. »Die sollen verjüngt werden«, erklärt Anibal Durango. In rund fünf Jahren könnte dann die Produktion wieder steigen. Wenn das Wetter mitspielt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal