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Papstbulle im Pappkarton

Schreiben von Innozenz XI. in Bautzen entdeckt

  • Simona Block, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
88 mal 61 Zentimeter misst das päpstliche Schreiben aus dem Jahr 1676, das jetzt im Domstift Bautzen (Sachsen) gefunden wurde. Es stammt aus Frankreich und wurde wohl von einem Soldaten der deutschen Wehrmacht nach Deutschland gebracht.

Bautzen/Dresden. Sensationsfund im Domstift: Eine 334 Jahre alte Bulle von Papst Innozenz XI. (1611-1689) ist dieser Tage bei Umbauarbeiten im Diözesan-Archiv Bautzen entdeckt worden. Das teilte das Bischöfliche Ordinariat des Bistums Dresden-Meißen in Dresden mit. »Es handelt sich um eine auf Latein verfasste und auf den 21. Januar 1676 datierte päpstliche Nachricht an das französische Erzbistum Besançon, mit der der Heilige Vater die Nachbesetzung einer Domherrenstelle regelte«, sagte die Leiterin Birgit Mitzscherlich. Das 88 mal 61 Zentimeter große Pergament stelle eine »Kostbarkeit« dar.

»In dieser Größe, Verzierung und Ausfertigung ist das Dokument aus der päpstlichen Kanzlei eine Rarität.« Das Pergament sei wie eine Urkunde gestaltet, mit brauner Tinte auf Lateinisch in gedrängter Schrift beschrieben, ringsum aufwendig mit Ornamenten und Initialen prunkvoll verziert und trage Unterschriften der Beamten.

Instruktion zur Nachfolge

»Ein Bleisiegel bestätigt die Authentizität des heiligen Stuhls«, sagte Mitzscherlich. Es trägt die Inschrift »Inno Centius Papa XI.« In dem Schreiben erteilt der Papst dem Erzbischof von Besançon, Antoine Pierre de Gramont, eine Instruktion zur Nachfolge für einen unheilbar an Schwindsucht erkrankten Domherren. Im Dunkeln liege, wie das Schreiben nach Bautzen gelangte, sagte Mitzscherlich. Sie vermutet, dass es zu Kriegszeiten von einem deutschen Soldaten aus Frankreich mitgebracht wurde. »Es kam wohl 1942/43 ins Archiv, der genaue Weg kann aber nicht mehr nachverfolgt werden.« Vor über 60 Jahren hatte es aber bereits der damalige Archivar Otto Rudert in den Händen. »Es wurde eine siebenseitige Abschrift angefertigt.«

Zudem gebe es einen Brief des Archivars an einen Pfarrer mit der Nachricht, dass die Abschrift gefertigt wurde. Laut Mitzscherlich hatte der nicht näher benannte Pfarrer offensichtlich die päpstliche Nachricht dem Archiv zukommen lassen. Rudert habe zudem notiert, dass er den päpstlichen Bescheid nach Kriegsende wieder nach Frankreich zurücksenden wollte. Dazu sei es wohl in den Nachkriegswirren nicht mehr gekommen. »Rudert war 1945 aus dem Amt geschieden und in den 1950er Jahren gestorben.« Das jahrhundertealte Dokument verschwand im Archiv.

Rückgabe beschlossen

»Es lag sorgfältig verpackt in einer unscheinbaren Pappkiste in einer Fensternische, darin waren noch Fotos, die Abschrift und der Brief an den Pfarrer«, erzählte die Archivarin. Als für den Umbau auch die Nischen geräumt werden mussten, sei ihr das Schriftstück zufällig in die Hände gefallen. Das Archiv des kleinen Domstifts verwahrt rund 10 000 Altakten, darunter etwa 1000 Urkunden. »Die sind aber mehr von Königen und Kaisern als von Päpsten«, sagte Mitzscherlich, die das Archiv seit acht Jahren leitet.

Der Brief aus der päpstlichen Kanzlei stelle eine Seltenheit dar, sagte die Historikerin. »Es ist ein Stück europäische Geschichte.« Für vier Wochen kann die Bulle in einer Vitrine der Domschatzkammer in Augenschein genommen werden. Danach werde sie dem Adressaten zurückgegeben, so Mitzscherlich.

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