Auf den Spuren der Mutter

Felix Neureuther im Kreis der Medaillenkandidaten für Vancouver

  • Jupp Suttner
  • Lesedauer: 3 Min.

Zuerst dachten alle an den »Kampf der Freundinnen« – Maria Riesch gegen Lindsey Vonn. Oder doch der »sister act« – Maria gegen Susanne Riesch. Dies schienen die beiden beherrschenden deutschen Themen für die olympischen Alpin-Wettbewerbe zu sein. Die beiden einzigen. Abgerundet vielleicht noch durch ein bisschen Kathrin Hölzl – immerhin im letzten Winter Riesenslalom-Weltmeisterin und in dieser Saison die Weltcupwertung ihrer Spezialdisziplin anführend. Hinzu käme noch eine Erwähnung von Viktoria Rebensburg, der Juniorenweltmeisterin, die auch beinahe einen Weltcup gewonnen hätte.

Doch seit Sonntag ist ein drittes großes Thema im Spiel: Felix Neureuther, der fast aus dem Nichts heraus zu ungekannter Stärke fand und zwischen den Tiroler Slalomtoren zum »Champ« avancierte. Dieser Ehrentitel gebührt jedem, der einen der ganz großen Klassiker des Metiers gewinnt. Und Neureuther gewann gleich den bedeutendsten: Kitzbühel. Weltmeister war er bereits (freilich nur mit dem Team, in Bormio 2005) – eine Olympiamedaille wäre nach dem ersten Weltcupsieg die vorläufige Krönung seiner Karriere. Dieses Edelmetall hätte er seinem Vater Christian Neureuther voraus. Seine Mama Rosi Mittermaier – zweimal Gold in Innsbruck 1976 – wird Felix aber wohl nie übertrumpfen.

Die Alpin-Abteilung des Deutschen Skiverbandes darf also nach der medaillenlosen Pleite von Turin 2006 wieder mit prallem Optimismus gen Vancouver fliegen. Doch genaue Medaillenprognosen zu stellen, fällt gerade in dieser Sportart schwer. Der Erfolg hängt nicht nur von der eigenen Tagesform oder den Leistungen der Gegner ab – sondern auch von Wetter und Material. Wer in Whistler siegen will, kann sich nicht nur auf das eigene Können verlassen, sondern muss darüber hinaus einen Glückstag erwischen.

Wen das große Los trifft, wird sich zeigen. Zu gönnen wäre es ganz sicher der Österreicherin Marlies Schild, die nach schwerer Verletzung in diesem Winter zurückkehrte und nach wenigen Rennen bereits wieder zur Slalomkönigin empor stieg, dennoch bescheiden blieb und niemals von sich aus erwähnt, dass sie auch sozial sehr engagiert auftritt. Stärkste Rivalinnen der Freundin von Benjamin Raich: Landsfrau Kathrin Zettel sowie Maria und Susanne Riesch.

Auch im Slalom der Männer stellt Austria das stärkste Team – alle vier Starter können Olympiasieger werden. Und dennoch blickt das siegverwöhnte Alpenland mit Bangen nach Kanada, denn: das wertvollste – und in Österreich haushoch über allen anderen Medaillen thronende – Gold scheint kaum eroberbar: jenes im Männer-Abfahrtslauf. Kein einziger Sieg 2009/10. Dafür trumpfen die Erzrivalen aus der Schweiz um so mehr auf: Altstar Didier Cuche (35) und Jungstar Carlo Janka (23) scheinen die großen Favoriten. Respekt haben die beiden nur vor einem: dem Kanadier Manuel Osborne-Paradis. Der Sieger der Abfahrt von Gröden aus der Olympiaprovinz British Columbia ist einer der letzten Streiter der Gastgeber mit Medaillenchancen. Der Rest des alpinen Ahorn-Teams wurde durch Verletzungen deprimierend dezimiert. Was wiederum eine ganz andere Geschichte wäre. Wahrscheinlich sogar das Thema Nummer 1. Doch nur in Kanada.

Ski Alpin

Geschichte: Das erste alpine Rennen wurde 1870 in der norwegischen Provinz Telemark ausgetragen. Der Slalom wurden noch nach Stilnoten bewertet. Erst 1922 wurde auch hier die Zeit gemessen.

Olympia: 1936 gab es in Garmisch-Partenkirchen erstmals alpine Kombinationsrennen für Männer und Frauen. Gold und Silber gingen jeweils an deutsche Sportler. Ab 1948 wurden auch in Abfahrt und Slalom Medaillen vergeben. 1952 kam der Riesenslalom dazu, 1988 der Super-G.

Entscheidungen: Jeweils fünf bei Frauen und Männern.

Sportstätte: Whistler Creekside auf dem Blackcomb Mountain.

Favoriten: Bei den Frauen wird das Duell Lindsey Vonn (USA) gegen Maria Riesch (Partenkirchen) erwartet, doch auch Kathrin Zettel und Marlies Schild (Österreich) haben gute Siegchancen. Bei den Männern könnten Didier Cuche, Carlo Janka (beide Schweiz) und Schilds Freund Benjamin Raich die meisten Medaillen sammeln. oh

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