Bronze schmerzt

Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy können Goldtraum nicht wahr machen

  • Oliver Händler, Vancouver
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist kaum zu glauben, aber eine olympische Bronzemedaille kann sehr schmerzhaft sein. Dies verriet der Blick in Aljona Sawtschenkos Gesicht bei der Siegerehrung nach der Paarlaufkür, denn sie wirkte, als sei sie noch immer in ihrer traurigen Rolle aus »Jenseits von Afrika«. Falten bahnten sich ihren Weg durch dickes Makeup, und die Tränen waren offensichtlich nur schwer zurückzuhalten. Auch ihr Partner Robin Szolkowy ist traurig, aber er gibt sich ein wenig gefasster. Der Traum war Gold, und das Gold ist verloren an Shen Xue und Zhao Hongbo aus China.

Ein zweifacher Toeloop von Sawtschenko, der dreifach hätte kommen sollen, und ein gestürzter Doppelaxel von Szolkowy – zwei Momente, die vier Jahre Arbeit für nur ein Ziel zunichte machten. So fühlte jedenfalls das deutsche Paar und sein Trainer. »Die Chinesen waren auch nicht fehlerfrei. Mit dem gestandenen Axel wäre der Gesamteindruck auch besser gewesen, und es hätte für Gold gereicht«, war sich Coach Ingo Steuer sicher.

Die Konkurrenz war nicht die hochklassigste. Kein Spitzenpaar kam fehlerfrei durch sein Programm mit Ausnahme der chinesischen Silbermedaillengewinner Pang Qing und Jian Tong, die noch an den Chemnitzern vorbeizogen.

»Für 99 Prozent der Menschen ist Bronze bestimmt etwas Tolles, nur eben für uns nicht«, beschrieb Szolkowy die Situation. »Es ist wirklich schade. Man hat nur diese eine olympische Kür alle vier Jahre, und man kann nur einmal alle vier Jahre diesen wichtigen Doppelaxel stehen. Vielleicht war der Druck doch zu groß«, suchte er nach einer Erklärung für sein Missgeschick. Zumindest blieb der Eislaufwelt eine weitere Preisrichterdiskussion erspart. »Die Chinesen waren heute einfach besser. Ich beglückwünsche sie«, anerkannte Szolkowy.

So wurde die Geschichte des Abends die des erfolgreichen Comebacks der neuen Olympiasieger. Zweimal hatten sich Shen und Zhao bei den Spielen mit Bronze begnügen müssen, hatten die Schlittschuhe danach an den Nagel gehängt und sind doch noch einmal zurückgekehrt, um das erste chinesische Eiskunstlauf-Gold in der Olympiahistorie zu erlaufen. »Wir haben so lange darauf warten, so viele Jahre dafür arbeiten müssen. Es ist wunderbar, dass es endlich geklappt hat«, sagte der 37-jährige Zhao.

Nun hängt auch das Ende des Chemnitzer Paares nach den Weltmeisterschaften in Turin im März in der Luft. Trainer und Athleten weigern sich beharrlich, darüber Auskunft zu geben, wie es nach der Saison weitergehen soll. Das nährt das Gerücht, dass die Entscheidung bereits gefallen ist. »Lassen Sie sich überraschen«, sagte Sawtschenko. Das wird ihren vielen Fans kaum Mut machen.

Nur vielleicht die Tatsache, dass die Situation der Deutschen sehr der ähnelt, in der die chinesischen Sieger vor vier Jahren steckten. Auch Shen und Zhao kamen als Doppelweltmeister 2006 nach Turin und verloren Olympiagold. Zhao Hongbo hatte deshalb auch einen guten Rat für Robin Szolkowy parat: »Warte nicht bis du 37 bist, um Olympiasieger zu werden.« Szolkowy ist 30.

Für das chinesische Goldpaar ist spätestens nach den WM Schluss. »Es gibt kaum noch etwas, wofür sich die harte Arbeit lohnen würde. Jetzt ist die Zeit gekommen, endlich mal ein Baby zu bekommen«, sagte Shen Xue lachend. Da musste auch Aljona Sawtschenko lachen – das einzige Mal an diesem Abend.

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