Planvoll verlorene Unschuld

Im Kino: »An Education« von Lone Scherig

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Anfang stand ein Essay, den eine britische Journalistin in einer Literaturzeitschrift veröffentlichte. Darin erzählte Lynn Barber von ihrer Entjungferung 1961, von der Zeit vor der sexuellen Revolution und davon, welche gesellschaftlichen Labyrinthe ein junges Mädchen aus »gutbürgerlichem« Elternhaus durchlaufen musste, wenn es seinen spätpubertären Entdeckerdrang auch praktisch in die Tat umsetzen wollte.

Aus dem kurzen Artikel wurde ein Drehbuch, geschrieben von Erfolgsautor Nick Hornby, aus dem Drehbuch ein Film, inszeniert von der Dänin Lone Scherfig (»Dänisch für Anfänger«), die anscheinend nicht die erste Wahl war, ihre Sache dann aber sehr gut machte. In der männlichen Hauptrolle, der des deutlich älteren Entjungferers, ist mit Peter Sarsgaard ein immer wieder gern genommener Darsteller unabhängiger US-Produktionen zu sehen. Einer, dessen verschleiertem Blick man jederzeit abnimmt, dass er jungen Mädchen zitternde Knie beibringt. Und in der weiblichen Hauptrolle glänzt eine Nachwuchsschauspielerin, die nun ihren ganz großen Durchbruch erlebt: Carey Mulligan.

Vorstadtmief und die Sogwirkung französischer Chansons, Kultbücher und Zigarettenmarken, ein vorwitziges, dabei durchaus gewitztes, junges Mädchen und ein Verführer, den die zu Verführende sich selbst zum Entjungferer erkor, dazu Eltern, die partout an der Nase herumgeführt werden möchten und ihre Tochter dem zumindest scheinbar integeren Mann von Welt geradezu freiwillig anvertrauen – der Mix ist explosiv.

Dass trotzdem ein Film draus wurde, der das Leben besingt und aus dem selbstbestimmten Sex in jungen Jahren keine Tragödie fürs ganze Leben macht – ebenso wenig wie aus dem Mädchen ein getäuschtes Opfer –, ist das Verdienst aller beteiligten Damen, von der Autorin über die Regisseurin bis zur Darstellerin. Und möglicherweise von Nick Hornby, der auch wieder bewies, was für ein bodenloser Optimist er ist, selbst wo das Leben ihm Beine stellte.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal