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Rolf Becker sprach auch für die letzte Reihe

Der linke Schauspieler Rolf Becker ist gestorben

  • Niko Daniel
  • Lesedauer: 3 Min.
Auch Schauspieler sollten sich organisieren: Rolf Becker
Auch Schauspieler sollten sich organisieren: Rolf Becker

Der Schauspieler und Gewerkschafter Rolf Becker ist tot. Er starb am Freitag in Hamburg im Alter von 90 Jahren, wie die »Junge Welt« am Wochenende mitteilte. Über die letzten beiden Jahrzehnte war Becker mit der Zeitung eng verbunden und bekam auch im Frühjahr ihren erstmals verliehenen, undotierten Rosa-Luxemburg-Preis für besonderes linkspolitisches Engagement. Bei der Preisverleihung in Berlin sang sein Sohn, der Schauspieler Ben Becker das David-Bowie-Lied »Heroes« und schwenkte dazu auf der Bühne eine rote Fahne.

Als langjähriges Mitglied der Gruppe Arbeiterpolitik, die in der Tradition der KPD-Opposition gegen Ernst Thälmann am Ende der Weimarer Republik steht, war Becker in den 70er Jahren einer der ersten Schauspieler in Hamburg, die dafür eintraten, dass Schauspieler sich gewerkschaftlich organisieren sollten. Später war er im Ortsvorstand der Fachgruppe Medien von Verdi und engagierte sich für verschiedene Initiativen wie das Verteidigungskomitee für Slobodan Milošević vor dem UN-Tribunal in Den Haag, für die Solidarität mit Griechenland unterm Spardiktat der Troika, für die Freilassung von Mumia Abu-Jamal, der mittlerweile 44 Jahre im Gefängnis sitzt, und für Kritiker der israelischen Militärpolitik in den besetzten Gebieten. Als das ehemalige RAF-Mitglied Christian Klar 2008 nach 26 Jahren aus dem Gefängnis kam, wurde Becker sein offizieller Betreuer.

Geboren in Leipzig, aufgewachsen in Schleswig-Holstein, ging er nach dem Abitur in Bremen auf eine Schauspielschule in München und spielte anschließend in den 60er Jahren Theater, unter anderen für die Regisseure Kurt Hübner und Peter Zadek. Ab 1980 war er freier Schauspieler und wirkte in diversen TV-Serien mit, seit 2006 vor allem als Rentner Otto Stein in der Krankenhausserie »In aller Freundschaft«, aber auch in mehreren »Tatort«- und »Derrick«-Folgen, Rosamunde-Pilcher- und Katie-Fforde-Verfilmungen.

Doch er war auch in anspruchsvollen Kinofilmen zu sehen, beispielsweise in »Ich bin ein Elefant, Madame« von Peter Zadek (1969), »Die verlorene Ehre der Katharina Blum« von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta (1975) oder »Nordsee ist Mordsee« von Hark Bohm (1976). Daneben war er mit seiner angenehm freundlichen, leicht heiser wirkenden Stimme als Synchronsprecher sehr gefragt, er las Hörbücher ein und sprach in Werbefilmen.

Becker sagte einmal, er spreche im Theater bevorzugt für die Leute, die in der letzten Reihe sitzen. Denn für Künstler, Intellektuelle und Schauspieler gelte allgemein: »Wer senden will, braucht eine Erdung, und die gibt es nur in der Bevölkerung, in der Realität.«

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Unter anderem las er auf der Bühne das »Kommunistische Manifest« von Marx und Engels, wovon 2013 auch eine Doppel-CD erschien. Von der »Jungen Welt« gefragt, was daraus denn sein Lieblingssatz sei, antwortete Becker: »An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist.« Und er ergänzte, Stephan Hermlin habe ihm noch zu DDR-Zeiten sein Erschrecken darüber geschildert, dass er den zweiten Teil des Satzes jahrzehntelang genau andersherum im Kopf gehabt hatte. »Und das ist genau der Punkt«, meinte Becker.

Seine beiden Kinder, die Schauspieler Meret und Ben Becker, wurden ebenfalls bekannt. Sie wuchsen bei seiner ersten Frau, der Schauspielerin Monika Hansen (1942–2025), und ihrem Mann, dem Schauspieler Otto Sander (1941–2013), auf.

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