Wetten auf die griechische Tragödie

Europäische Politiker wollen Spekulationen auf die Finanzprobleme Athens begrenzen

Im Zuge der Verschuldungskrise Griechenlands geraten allmählich auch Spekulanten in den Fokus. In der EU werden Maßnahmen diskutiert, und der griechische Ministerpräsident wirbt in den USA um Unterstützung.

»Wir haben die Folterwerkzeuge im Keller.« Diese Äußerung des Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, wurde vor wenigen Tagen noch als leere Drohung abgetan. Nun aber scheint man in der EU Spekulationen ernsthaft eindämmen zu wollen. Juncker sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der griechische Premier Giorgos Papandreou haben die EU-Kommission aufgefordert, eine Richtlinie zu erarbeiten, die eine strengere Regulierung gewisser Spekulationsgeschäfte vorsieht. Die Initiative wurde am Dienstag bei einem Besuch Merkels in Luxemburg vorgestellt. »Wir sind uns einig, dass wir Finanzspekulationen unterbinden müssen«, sagte die Kanzlerin.

Auch unter den EU-Politikern scheint sich allmählich die Erkenntnis durchzusetzen, dass die akuten Probleme Athens zumindest zum Teil auf undurchsichtige Spekulationen etwa von Hedgefonds zurückzuführen sind. Diese wetten seit Wochen auf steigende Risikozuschläge, die die griechische Regierung Käufern von Staatsanleihen bieten müssen. Bislang mit Erfolg: In der vergangenen Woche sammelte Griechenland 5 Milliarden Euro ein und musste den Investoren schon einen Zinssatz von 6,25 Prozent für zehn Jahre Laufzeit bieten – rund drei Prozentpunkte mehr als bei vergleichbaren deutschen Papieren. Durch die hohe Zinslast verschärft sich aber die prekäre Finanzlage der Hellenen weiter.

Die Spekulationen laufen vor allem mittels sogenannter Credit Default Swaps (CDS). Mit solchen Kreditausfallversicherungen sichern sich gewöhnlich Käufer etwa von Anleihen gegen eine Zahlungsunfähigkeit des Gläubigers ab. Spekulanten können aber auch auf steigende Kurse der CDS wetten, ohne selbst Anleihen zu besitzen. Den Fonds kommt dabei gelegen, dass der Handel mit den CDS nicht über Börsen läuft und deshalb besonders intransparent ist. Die Fonds sollen sich zudem bei ihren Wetten abgesprochen haben, was eigentlich nicht erlaubt, aber von Finanzaufsichtsbehörden auch kaum nachzuweisen ist. Die EU-Pläne sehen kein generelles Verbot des Handels mit CDS vor, sondern nur, wenn dieser ausschließlich zur Spekulation genutzt wird. Ferner sollen ungedeckte Leerverkäufe von Wertpapieren untersagt werden.

Der griechische Premier Papandreou versucht derweil in Washington Unterstützung zu bekommen. Einige wichtige Fonds agieren von der Wall Street aus. Eine europäische und amerikanische Kooperation sei von »überragender Bedeutung«, damit die Krise nicht auf andere Teile der Welt übergreife, sagte Papandreou nach einem Treffen mit US-Außenministerin Hillary Clinton am Montag. Er warnte vor einem Dominoeffekt, der Wechselkurse und Anleihen rund um den Globus auf Berg- und Talfahrt bringen könnte. Am Dienstag war ein Gespräch mit Präsident Barack Obama angesetzt; dieser befürwortet generell eine strenge Regulierung der Finanzmärkte, hat aber Probleme, seine Pläne im Senat durchzubekommen.

Die EU-Initiative befürwortet ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Man sei aber auch zu einem europäischen Alleingang bereit, sollten wichtige G20-Partner wie die USA und China nicht mitziehen. »Wir können nicht immer warten, bis der Letzte an Bord ist«, hieß es in Verhandlungskreisen.

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