»Die Liebe siegt immer«

Berlusconi beweihräuchert sich in einem 262 Seiten dicken Buch

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Liebe siegt immer über den Neid und den Hass« – ein Buch mit diesem wunderbaren Titel ist derzeit in Italiens Buchhandlungen für 15 Euro zu kaufen. Auf dem Titelblatt das Bild eines jungen und faltenlosen Silvio Berlusconi; und Silvio Berlusconi ist auch der Autor des 262 Seiten dicken Werks.

»Herr Präsident, ich kenne Sie nicht persönlich, aber seit 15 Jahren bin ich auf Ihrer Seite. Ich hätte Sie gerne als Freund, als Vater. Aber als Präsident sind Sie auch gut. Eines Tages würde ich Sie gerne kennenlernen. Bis dahin: Achten Sie auf sich, trinken Sie viel und nehmen Sie ein paar Vitaminpillen.« Dies ist nur eine von angeblich über 50 000 Grußbotschaften, die Silvio Berlusconi nach dem 13. Dezember 2009 erhielt, als ein Geistesgestörter dem Ministerpräsidenten die Nachbildung des Mailänder Doms an den Kopf geworfen hatte. Eine »kleine Auswahl« – um genauer zu sein: 2650 Stück! – dieser Mails ist im Buch zu finden.

»Ich schreibe Dir diese Mail zusammen mit meinem Pappi, der den Computer nicht benutzen kann, aber trotzdem neben mir sitzt und Dir seine Nähe ausdrücken will. Den Hass von Wenigen vergessen und sich an die Liebe von Vielen erinnern: Das ist der wirkliche Sinn des Weihnachtsfestes, das ja bald kommt. Präsident, Du bist toll!«

Berlusconi, so heißt es im Vorwort des Buches, wollte den Italienern für ihr Mitgefühl danken und hat offenbar keinen anderen Weg gefunden, als sich selbst noch einmal zu beweihräuchern. »Diese Mails haben mir so gut getan«, schreibt Berlusconi, dieses Mal im Gewand eines christlichen Gurus. »Und ich hoffe, dass sie auch für Sie ein Quell der Hoffnung und des positiven Denkens sind.« Und weiter: »In den Tagen meiner Genesung hat sich meine Überzeugung noch mehr gefestigt, dass die Liebe tatsächlich über alles siegt, auch über den Hass, den innerlich nicht gefestigte Menschen gegenüber dem politischen Gegner hegen.«

Das Buch enthält dann auch noch drei Beilagen: Einmal eine farbenfrohe Broschüre über die wunderbaren Dinge, die diese Regierung in den letzten Jahren geleistet hat: Nicht nur Gesetze und Verordnungen, sondern auch Brücken und Straßen, die sich auf Fotos gut machen: »Wir sind die Regierung, die wenig redet und viel tut«, heißt es da. Dann die Rede, die Berlusconi 1994 hielt, als er beschloss, »ins politische Feld zu ziehen«, um die Kommunisten in Italien zu besiegen; und schließlich Auszüge der Rede, die »unser Präsident« auf dem Gründungsparteitag vom »Volk der Freiheit« gehalten hat.

Aber das Herzstück sind die Mails, so wie diese: »Während wir die Krippe aufstellten, sind meine drei kleinen Kinder von der Nachricht überrumpelt worden. Und sie haben begonnen, Fragen zu stellen: Was haben sie mit ihm gemacht? Wird er denn auch wieder gesund? Wer? Wir haben versucht, ihnen alles zu erklären und ihre Schlussfolgerung war: Wenn ›der‹ protestieren wollte, hätte er es doch einfach sagen können.«

Das Buch mit dem salbungsvollen Titel erschien bei Mondadori, dem größten italienischen Verlag. Dieser Verlag gehört … der Tochter von Silvio Berlusconi!

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